Helfer am Limit

Notunterkünfte in der Messestadt Riem und Dornach im Fokus

Vorläufige Endstation für viele Flüchtlinge – Messestadt Riem: Hier werden sie mit dem Nötigsten versorgt und können Kraft für die Weiterreise tanken.	F.: ahi

Vorläufige Endstation für viele Flüchtlinge – Messestadt Riem: Hier werden sie mit dem Nötigsten versorgt und können Kraft für die Weiterreise tanken. F.: ahi

Messestadt Riem-Aschheim-Dornach · Deutschland führt vorübergehend wieder Grenzkontrollen ein.

Deshalb kann München gerade ein wenig aufatmen. Eine Ruhe, die nach dem vergangenen Wochenende, das erneut Rekordzahlen an Flüchtlingen verzeichnen konnte, für die Helfer bitter nötig ist. Schließlich leisten die Münchner gerade eine Mammutaufgabe.

Doch was bringt die politische Kehrtwende tatsächlich? Eine Einigung auf europäischer Ebene konnte am Montag zumindest nicht gefunden werden. Ein weiteres Treffen ist erst für Anfang Oktober avisiert. Bis auf weiteres bleibt München also für viele Flüchtlinge erster Anlaufpunkt in Deutschland.

Seit September 70.000 Asylsuchende in München

Allein am vergangenen Wochenende kamen erneut rund 20.000 Flüchtlinge in München an, seit September rund 70.000. Viele von ihnen fanden und finden in der Messestadt Riem eine vorläufige Bleibe. Dort versorgen vor allem ehrenamtliche Helfer die Menschen mit dem Nötigsten. Ohne die vielen Freiwilligen vor Ort, wäre und ist die gigantische Logistik nicht zu stemmen. Zu Beginn lief alles noch relativ improvisiert ab, viele Helfer kamen spontan an Tor 19, um in der Halle C3 mitzuhelfen oder Spenden abzugeben.

Was gebraucht wird und wo man helfen kann, wurde über die sozialen Netzwerke kommuniziert, kurzfristige Engpässe bei Kleidung, Nahrung und Hygieneartikeln konnten so kurzerhand freiwillige Helfern beheben. Doch auch die Kapazitäten in der Messestadt sind begrenzt. Daher wurde letzte Woche ganz in der Nähe, im Gewerbegebiet Dornach eine weitere Notunterkunft am Einsteinring eingerichtet. Auch hier waren wieder Freiwillige die ersten Helfer vor Ort. Allen voran der Asylhelferkreis Aschheim, der tatkräftig bei der Logistik und der Einrichtung der Unterkunft half. Mittlerweile hat die Johanniter Flüchtlingshilfe die Leitung der Notunterkunft übernommen. Doch auch hier geht es nicht ohne die Mithilfe von Freiwilligen oder die Spende von Kleidung.

Aktuell benötigen die Johanniter noch Unterwäsche, Socken und Herrenbe- kleidung in kleinen Größen sowie Büromaterial. Die Ansprechpartner für Sachspenden erreicht man unter der Telefonnummer 01 72 / 2 51 25 21.

Wer keine Sachleistungen spenden möchte, kann auch selbst mit anpacken. Helfer werden bei der Kleider- und Essensausgabe, beim Verteilen von Hygienesets und Decken, zur Betreuung von Flüchtlingen und als Dolmetscher (Arabisch, Dari, Farsi, Französisch, Serbisch) benötigt. Um die ehrenamtlichen Johanniter, die derzeit rund um die Uhr die medizinische Betreuung der Schutzsuchendenden übernehmen, zu entlasten, werden aktuell Arzthelfer, Sanitäter, Rettungshelfer und Rettungssanitäter zur Festanstellung in Voll- und Teilzeit sowie Ehrenamtliche im medizinischen Bereich (mit Aufwandsentschädigung) dringend gesucht. Interessierte können sich unter der Telefonnummer 01 73 / 9 10 12 49 melden.

Wenn die Helfer Hilfe brauchen

Vielfach fehlt es am Nötigsten, Hygieneartikel, Unterwäsche, Decken und viele Kleinigkeiten, die den traumatisierten Vertriebenen ein Stück Menschlichkeit zurückgeben. Gerade hier sind die freiwilligen Helfer bestens über die sozialen Netzwerke in Kontakt. Kaum gepostet, schon stehen freiwillige Helfer mit den benötigten Artikel vor Ort.

Aber wie lange wird diese uneingeschränkte Hilfsbereitschaft noch andauern? Denn auch aus den Reihen der Helfer werden Stimmen laut, die von Überforderung und totaler Erschöpfung berichten. Zustätzlich begann gestern wieder die Schule, auch die Universitäten nehmen bald wieder ihren regulären Betrieb auf. Auch hier werden aus dem schier unerschöpflich wirkenden Pool an freiwilligen Helfern viele wegfallen. Eine schnellere Verteilung der Hilfesuchenden auf ganz Bayern und das restliche Bundesgebiet läuft zwar bereits, aber der Prozess dauert. Und zwar zu lange, davon ist auch der Präsident der Regierung von Oberbayern, Christoph Hillenbrand überzeugt. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter appellierte deutlich an den Rest der Bundesrepublik, dass München der Lage langsam nicht mehr gewachsen sei. Im Kleinen funktioniert die Hilfe zwar, aber wie geht’s in den nächsten Wochen weiter?

Darauf scheint auch die Politik gerade Antworten zu suchen. Ob es Europa gelingt, eine gemeinsame Lösung für die Unterbringung der Flüchtlinge zu finden, bleibt abzuwarten.

Dass Deutschland und vor allem München die Situation nicht alleine meistern kann, ist jedoch allen klar. Durch die Schließung der Grenzen dürfte München in den nächsten Tagen eine kurze Verschnaufpause bevorstehen. Eine möglicherweise trügerische Ruhe vor dem Sturm. Denn die Flüchtlinge werden kommen, wenn nicht durch die geschlossenen Grenzen, dann über andere Wege. Und spätestens dann sind die vielen freiwilligen Helfer in und um München sicherlich wieder vor Ort, um den Menschen zu helfen. Ganz unbürokratisch. Andrea Hinze

Artikel vom 15.09.2015
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