Bewusste Ernährung: Welchen Stellenwert hat unser Essen?

München · Die Menschen möchten wissen, was drin ist

In einem waren sich alle Gesprächsteilnehmer einig: Verbraucher müssen über Herkunft und Qualität von Lebensmitteln informiert werden.	Fotos: Patricia Prankl

In einem waren sich alle Gesprächsteilnehmer einig: Verbraucher müssen über Herkunft und Qualität von Lebensmitteln informiert werden. Fotos: Patricia Prankl

München · Bio, regional, vegan: Immer mehr Menschen machen sich Gedanken darüber, was in ihrem Kochtopf landet. Während die einen damit bewusst ein Zeichen für nachhaltige Produktionsbedingungen setzen, folgen andere dem Zeitgeist einer trendbewussten Generation.

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Vitalköstler und Teilzeitvegetarier, Fleischesser und Veganer sprachen im Rahmen der Sommergespräche der Münchner Wochenanzeiger über die Frage »Was lassen wir uns Essen kosten?«

»In München sehe ich den klaren Trend, dass die Geiz-ist-geil-Mentalität vorbei ist«, so Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern e.V. Ein prägender Faktor für diese Entwicklung sei die Nähe zur Landwirtschaft in Bayern. Für viele Konsumenten rücke die Frage nach Herkunft und Qualität der Lebensmittel dadurch immer mehr in den Mittelpunkt. Vor allem zwei richtungsweisende Trends würden unter den bayerischen Konsumenten immer mehr Anklang finden. Zum einen fleisch- und tierfreie Kost, also vegetarische und vegane Ernährungsformen; zum anderen das Gütesiegel Regionalität. Letzteres stehe bei vielen Kunden sogar noch vor dem Qualitätsmerkmal Bio.

Wer Vegetarier ist, also fleischfrei schlemmt, oder vegan lebt und damit gänzlich auf den Verzehr und Konsum tierischer Produkte verzichtet, trifft Entscheidungen meist aus Gründen des Tierschutzes. Besonders die industrielle Massentierhaltung, aus der hierzulande noch immer bis zu 99 Prozent der gesamten Fleischproduktion stammt, stößt immer häufiger auf scharfe Kritik unter Konsumenten. Christine Schorling vom Tierschutzbund ist, wie sie sagt, relativ spät zum Veganismus gekommen, dafür mit umso mehr Überzeugung. Missionieren will sie jedoch nicht. »Ich will nicht das Fleischessen verbieten, sondern die Art der Haltung.«

99 Prozent der Fleischproduktion stammt aus Massentierhaltung

Zwar sei der Tierschutzgedanke ihre stärkste Motivation hin gewesen, doch auch der gesundheitliche Aspekt spiele eine entscheidene Rolle. »Multiresistente Keime, Angsthormone, Antibiotika im Fleisch – mir als Mutter macht das Angst.« Sie ist froh, dass sich ihre Tochter aus eigenem Willen dazu entschieden hat, auf Fleisch zu verzichten. Doch während die einen die Entscheidung für eine natürliche Ernährungsweise bewusst treffen, müssen sie andere aus der Notwendigkeit heraus fällen. Denn immer mehr Menschen leiden an Lebensmittelunverträglichkeiten. »Naturlieferantin« Katrin Schüler produziert und vertreibt Produkte für Menschen, die, wie sie sagt, »durch Ernährung kaputt gemacht wurden«: frische, regionale Lebensmittel. »Die Menschen möchten zu 100 Prozent wissen, was drin ist. Sie wollen ehrliches und gesundes Essen, chargenrein«, erklärt sie.

Marianne Wagner vom Netzwerk »Unser Land« bestätigt: Verbraucher müssen sich immer mehr mit den Auswirkungen ihres Konsumverhaltens auseinandersetzen. »Unser Konsum hat ganz viel mit unserer Lebensqualität zu tun.«

»Unser Land« bietet Konsumenten seit 20 Jahren Transparenz im Supermarkt. Alle mit dem Unser-Land-Logo versehenen Produkte stammen von bayerischen Erzeugern, die faire Preise für ihre Waren erhalten. Marianne Wagner erklärt, dass die Bewusstseinsbildung unter den Konsumenten von zentralem Stellenwert sei. Zwar seien die Produkte im Schnitt etwa zehn Prozent teurer als konventionelle Supermarktware. Doch Wagner erkärt: »Die Menschen sind bereit mehr für Lebensmittel zu zahlen, wenn sie wissen, woher diese kommen.«

Das Label »regional« alleine reiche da jedoch nicht aus, mahnt Boris Schwartz von den Markthallen München: »Man muss vorsichtig sein bei der Wortwahl. Viele Menschen kaufen regional ein, machen sich aber keine Gedanken darüber, wie regional produziert wird.« Denn regional ist eben auch das Schnitzel aus dem ansässigen Massentierhaltungsbetrieb.

Für Marianne Wagner steht die Richtung fest: »Der Verbraucher ist in der Lage, sich zu entwickeln. Bio, regional und fair: Wenn wir das in die Ernährung umsetzten, das ist der Königsweg. Aber wir haben aber noch eine lange Strecke vor uns.« Von Anne-Laura Höcherl

Artikel vom 03.09.2015
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