Wie der Schmiedberuf die Kulturgeschichte geprägt hat

Schliersee · Herr über Eisen und Feuer

Beim 3. Bayerischen Schmiedetreffen am 29./30. August im Markus Wasmeier Freilichtmuseum erleben Sie Schmiedemeister aus ganz Deutschland. 	Fotos: ©Dieter Schnöpf

Beim 3. Bayerischen Schmiedetreffen am 29./30. August im Markus Wasmeier Freilichtmuseum erleben Sie Schmiedemeister aus ganz Deutschland. Fotos: ©Dieter Schnöpf

München/Schliersee · Egal ob jemand Pläne schmiedet, mehrere Eisen im Feuer hat oder sich darauf beruft, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist – im Sprachgebrauch finden sich unzählige Redensarten, die mit dem Beruf des Schmiedes zu tun haben.

Markus Wasmeier-Kolumne
Themenseite: Markus Wasmeier, Sportler des Jahres und Goldmedaillengewinner im Skirennlauf ruft erfolgreich ein »altbayerischen Dorf« ins Leben

Eine solche Häufigkeit deutet gleichsam auf die immense Wichtigkeit und soziale Stellung des Berufs hin. Schon seit tausenden von Jahren schmiedet der Mensch und der Sprung vom Stein- ins Metallzeitalter hatte weitreichende Konsequenzen. Durch die geschmiedeten Werkzeuge wurden revolutionäre Erfindungen in Ackerbau und Handwerk, wie etwa Pflug, Hammer oder Schwert, erst möglich. Im deutschen Aberglauben gelten Schmiede als Hüter eines besonderen Geheimnisses, denn für unsere Vorfahren war es mehr als verblüffend, wie diese Männer das harte Metall formen konnten und durch spezielle Techniken auch die Härtegrade erhöhten.

Gehärtete Schwerter waren mitunter kriegsentscheidend. Gleichzeitig wussten sie über die Macht des Feuers Bescheid, wie kaum sonst jemand. Neben Hephaistos in der griechischen Mythologie oder Siegfried aus dem Nibelungenlied, der ebenfalls gelernter Schmied war, hat auch die bayerische Sagenwelt einen Schmied zu bieten, den Schmied von Kochl. Er soll Soldat im Türkenkrieg gewesen sein und allein mit einer Stange bewaffnet, das Stadttor von Belgrad zertrümmert haben. Es mutet komisch an, dass ausgerechnet der Schmied die schlechteste Waffe gehabt haben soll und so darf der Wahrheitsgehalt stark angezweifelt werden. Eine weitere Heldentat, verbunden mit der Sendlinger Mordweihnacht, wird ihm ebenfalls angedichtet. Dort, beim Bauernaufstand 1705, solle er mit einer über 50 Kilogramm schweren Keule gegen die Besatzer gekämpft haben und fiel angeblich als letzter Mann.

Mittlerweile geht man allerdings ziemlich sicher davon aus, dass es den Schmied von Kochl als historische Person nie gegeben hat. Nichtsdestotrotz, was alle Mythen gemein haben, der Schmied wird als kräftiger und etwas geheimnisvoller, wenngleich geschickter Mensch beschrieben. Und kräftig sind Schmiede auch heute noch, denn egal ob es gilt eine Axt zu schmieden oder ein Pferd zu beschlagen, zimperlich darf man nicht sein. Wobei mir da die Geschichte von Astrid Lindgren einfällt, bei der der Knabe Michl von Lönneberga als einziger zwischen lauter gestandenen Männern in der Lage ist, ein Pferd zu beschlagen, weil er erkennt, dass das Pferd kitzelig ist.

Beim Schmiedetreffen zeigen die kunstfertigen Handwerker ihr Können

Ich weiß nicht, ob Pferde kitzelig sind, aber ich will mit dieser Anmerkung sagen, dass der Schmied nicht nur sein eigenes Gewerk verstehen muss. Der Hufschmied muss eben auch etwas von Pferden verstehen, Kraft allein reicht nicht und wenn man ein Schmuckstück herstellen will, sollte man auch ein bisschen ein Gespür für den Geschmack der Damenwelt entwickeln. Kraft und Geschicklichkeit, das ist es, was der Schmied kunstvoll vereint. Und das, liebe Leser, können Sie kommendes Wochenende (29./30. August 2015) beim Schmiedetreffen in unserem Freilichtmuseum hautnah erleben. Im altbayrischen Dorf zeigen zahlreiche Schmiede aus ganz Deutschland das uralte, schweißtreibende Handwerk in voller Bandbreite – vom Lufthammer über den Schlittenbauer, vom Messerschmied bis zum Hufschmied. Ich kann Ihnen sagen, es ist mehr als beeindruckend.

Überall glüht und zischt es, die Hämmer donnern kräftig aber im steten Takt auf den Amboss und aus rohem Metall entstehen Werkzeuge oder Schmuckstücke. Bei manchem Schmied können Sie die gefertigten Produkte auch kaufen und so ein Andenken vom handgeschmiedeten Nagel bis hin zum Damastmesser mit nach Hause nehmen. Natürlich, wo viel Feuer und Hitze ist, da entsteht auch Durst und Gott sei Dank steht unser Braumeister den Schmieden in nichts nach, auch er beherrscht sein Handwerk ausgezeichnet. So können Sie bei einem frisch gebrauten Museumsbier Ihr neu erstandenes Brotzeitmesser gleich einweihen! Erleben Sie die Kunst des Schmiedens mit allen Sinnen und besuchen Sie uns im Freilichtmuseum.

Artikel vom 22.08.2015
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...