Die Post ist da!

Das Freilichtmuseum am Schliersee ist eine streikfreie Zone

München/Schliersee · Es gibt Dinge, über die macht man sich eigentlich erst Gedanken, wenn sie nicht mehr wie gewohnt funktionieren.

Markus Wasmeier-Kolumne
Themenseite: Markus Wasmeier, Sportler des Jahres und Goldmedaillengewinner im Skirennlauf ruft erfolgreich ein »altbayerischen Dorf« ins Leben

So ging es mir jetzt mit der Post. Bis zum Streik der letzten Wochen habe ich ihre Dienste eher beiläufig in Anspruch genommen. Plötzlich ging nichts mehr. Ein kurfürstlich bayerischer Postmeister aus dem 17. Jahrhundert hätte vermutlich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, wenn er die Berge nicht zugestellter Briefe gesehen hätte. Die Bestellung der kaiserlichen Reichspost lag zu dieser Zeit nämlich in den Händen der Familie Thurn und Taxis, die ein weit verzweigtes Netz an Postrouten unterhielt. Es gab berittene Boten, aber auch Postkutschen. Durch ausgeklügelte Verträge mit dem Kaiser sicherten sie sich ein Monopol und bereicherten das Postwesen in Bayern mit klangvollen Titeln, wie etwa dem Generalpostmeister. Die Postboten oder Postbeamten in Bayern mussten damals Einheimische sein. Geschworen wurde auf den bayerischen König und die taxissche Postverwaltung. Offiziell hatte eine königliche Komission die Oberhoheit. Man kann also durchaus von einer königlich bayerischen Post sprechen. Im Jahr 1806 allerdings, wurde die Post dann verstaatlicht und die Thurn und Taxis verloren ihre Stellung.

Der Briefträger war früher der Überbringer wichtiger Nachrichten. Nicht nur die, die er einkuvertiert mit dabei hatte. Oftmals wichtiger waren die, die er mündlich überlieferte. Denn im Gegensatz zu heute übergab der Postbote den Brief meist persönlich, man hielt einen kurzen Ratsch und die neuesten Neuigkeiten wurden ausgetauscht. Auf diese Weise wurden Gerüchte und Fakten rasend schnell verbreitet. Die sich immer wieder haltenden Gerüchte, die Postboten seien deshalb so gut informiert gewesen, weil sie die Briefe vorher erst einmal selbst gelesen hätten, sind wohl eher Legende, denn die königlich bayerischen Postbeamten hatten eine hohe Berufsehre. Wobei es vereinzelt vielleicht doch so gewesen sein könnte. Denn nicht nur Ludwig Thoma nahm dieses Motiv in seine Geschichten auf. Ein sicherlich zu 100% verschwiegener Überbringer von Nachrichten war hingegen die Brieftaube. Mit der Nachricht freigesetzt, findet sie über weite Strecken wieder zurück zu ihrem Heimatschlag. Man muss sie allerdings zuvor an die Stelle bringen, von der man eine Nachricht übermitteln will, was zugegeben etwas kompliziert ist. Und es kann nur ein kleiner zusammengerollter Zettel in den »Taubenrucksack« gegeben werden, der Umfang der Nachricht ist also sehr begrenzt, die historische WhatsApp oder SMS wenn Sie so wollen. In der Zeit vor der Telegraphie war das aber die schnellste Möglichkeit Informationen zu übermitteln. Sogar die Nachrichtenagentur Reuters hat in ihren Anfängen mit Tauben gearbeitet. Und von einem Streik der Brieftauben habe ich auch noch nie etwas gehört. Im Übrigen, auch bei uns im Museum wird nicht gestreikt. Weder Bäcker, Braumeister, Koch noch sonst jemand streikt. Wir haben nicht einmal einen Hahnstreik, denn unsrer Gockel kräht zuverlässig.

Ich kann Sie also herzlich dazu einladen den Ärger mit Post, Kita und Bahn abzustreifen und unser altbayrisches Dorf am Schliersee zu besuchen. Inmitten unserer Schlierseer Berge streikt höchstens die Zeit, sie bleibt nämlich fast stehen und Sie erleben das Landleben wie es zu Thurn und Taxis Zeiten war. Übrigens, als es mit der Post für das Fürstenhaus bergab ging, investierte es unter anderem in das Brauereiwesen. Bier von Thurn und Taxis haben wir zwar nicht, aber unser selbstgebrautes Museumsbier ist fürwahr ein fürstlicher Genuss, den Sie sich in unserem Biergarten nicht entgehen lassen sollten.

Artikel vom 03.07.2015
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