Sie setzen sich zur Wehr

Haidhausen · Die Standl-Betreiber am Wiener Platz wehren sich gegen die Schließung

Standl-Betreiber Kenan Artan ist verzweifelt: Er hat kürzlich noch große Summen in seine neue Küche investiert.	Foto: js

Standl-Betreiber Kenan Artan ist verzweifelt: Er hat kürzlich noch große Summen in seine neue Küche investiert. Foto: js

Haidhausen · Mit einer Unterschriftensammlung wehren sich die Standbetreiber derzeit gegen den geplanten Abriss des Marktes am Wiener Platz.

Der Wiener Platz soll umgebaut werden
Umbau des Wiener Platzes
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Kürzlich haben Vertreter der Markthallen München den Händlern in einer geschlossenen Veranstaltung jedoch zumindest eine Teilsanierung in Aussicht gestellt. Unterstützt vom Bezirksausschuss Au-Haidhausen (BA 5) wollen die Betreiber der Buden nun weiter um den Erhalt ihrer Häuschen kämpfen. Am Dienstag, 6. Juli findet zu dem Thema ein Bürgerworkshop statt.

Sabine Grede ist verzweifelt. Gemeinsam mit Kenan Artan führt sie den Fischstand am Wiener Platz. Erst vor zwei Jahren habe sie 10.000 Euro in die Erneuerung ihrer Küche investiert, berichtet sie: »Alles ist aus Edelstahl und entspricht den Vorschriften der Lebensmittelbehörden.« Auch die Stromleitungen seien vor kurzer Zeit instandgesetzt worden.

Sie könne nicht verstehen, weshalb die Buden abgerissen werden müssten und keine Sanierung möglich sei, klagt sie: »Es ist traurig, dass bei den Markthallen München niemand das Potenzial dieses Ortes erkennt.« Auch Johanna Niedermaier vom Wurststand am Wiener Platz bedauert die Entwicklungen: »Um diesen Platz wäre es wirklich schade.« Eine Sanierung wäre »für alle die bessere Lösung«, glaubt sie. Noch bis vor Kurzem hatte das Kommunalreferat, das für die Markthallen München zuständig ist, bekräftigt, sämtliche Bauten müssten verschwinden. »An einem Abriss führt kein Weg vorbei«, sagte Bernd Plank, Sprecher der Behörde. Ein TÜV-Gutachten aus dem Jahr 2012 habe ergeben, dass der Markt den EU-Richtlinien für Hygiene und Brandschutz nicht entspreche. Für den Verkauf von Lebensmitteln gebe es europaweite Vorschriften, an die sich alle Händler halten müssten. Diesem Umstand würden die in der Nachkriegszeit als Behelfsgebäude errichteten Buden nicht mehr gerecht. Der Wiener Markt sei »ein laufender Betrieb und kein Museum.« Würden nun nicht bald Maßnahmen ergriffen, bestehe die Gefahr, dass die Bezirksinspektion die Stände schließen lasse.

In einem nichtöffentlichen Gespräch haben die Markthallen München den Händlern aber nun offenbar angeboten, nur drei der Häuschen komplett abzureißen und die restlichen Bauten wenn möglich zu sanieren. Offen ist außerdem, wie die neu errichteten Buden einmal aussehen sollen. Bislang gebe es nur ein Raumkonzept, in dem geprüft worden sei, welche Flächen bebaut werden könnten, sagte Plank: »Eine Detailplanung existiert noch nicht. Es wäre durchaus denkbar, dass die neuen Gebäude den jetzigen Ständen in der Anmutung ähneln.« Hier habe es anscheinend ein Missverständnis mit den Händlern gegeben, die den bisherigen Entwurf als gestalterische Planung interpretiert hätten.

Wie die Buden künftig auf dem Platz angeordnet werden könnten, erklärte der Architekt Rainer Hofmann vom Planungsbüro Bogevischs, das von den Münchner Markthallen mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt worden war, jüngst bei einem Pressegespräch im Kommunalreferat. Möglich sei etwa ein ringförmiger Bau, in dem die Stände untergebracht werden könnten. Diese Variante sei bei den Händlern aber auf vehemente Ablehnung gestoßen, räumt Hofmann ein. Denkbar sei jedoch auch, mehrere kleine Häuser zu errichten, die sich jeweils zwei Standbetreiber teilen könnten. Nicht realisierbar sei die Sanierung sämtlicher Buden, da aufgrund der Umsetzung der EU-Vorschriften, die unter anderem Kühlräume für Lebensmittelreste und getrennte Toiletten für Personal und Besucher verlangen, zusätzlicher Raumbedarf bestehe: »Dafür reichen die Flächen der vorhandenen Bauten nicht aus.« Grundsätzlich könnten jedoch einige der Häuschen wie etwa der Stand für Wein und Schokolade saniert werden. Allerdings sei dies teuer und zeitaufwändig. »Die Bauten sind nicht denkmalgeschützt und haben keine besondere, erhaltenswerte Architektur«, so Hofmann.

Der BA hingegen unterstützt die Standbetreiber bei ihrem Versuch, den Charakter des Marktes in seiner jetzigen Form beizubehalten. Das Stadtteilparlament sprach sich auf seiner jüngsten Sitzung für ein Konsensverfahren aus, bei dem die Interessen der Händler, der Marktbesucher und der Markthallen München berücksichtigt werden. In den vergangenen drei Jahrzehnten sei es immer wieder gelungen, Bestrebungen der Stadt, die Stände abzureißen, zu verhindern, sagte die BA-Vorsitzende Adelheid Dietz-Will (SPD): »Ich gehe davon aus, dass wir das auch diesmal schaffen.« Die Chancen für ein Konsensverfahren stehen übrigens gut. »Ich befürworte diesen Weg«, sagte Axel Markwardt, Erster Werkleiter der Münchner Markthallen, beim kürzlichen Pressegespräch.

Breite Zustimmung findet der Widerstand der Standbetreiber außerdem bei der Bevölkerung. Die Petition zum Erhalt der Häuschen, die an allen Buden ausliegt und im Internet unter www.wiener-platz.org gezeichnet werden kann, haben rund 6.000 Bürger unterschrieben. Nun hofft Grede, dass der Bürgerworkshop am Dienstag, 6. Juli, um 19 Uhr im Vortragssaal des Gasteigs bei den Markthallen München ein Umdenken bewirken wird. Entscheiden wird über die Zukunft des Wiener Marktes allerdings der Stadtrat. Wie der Beschluss, der vermutlich Anfang des kommenden Jahres gefällt wird, ausfallen werde, müsse man abwarten, sagt Plank. Julia Stark

Artikel vom 02.07.2015
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