Da schau her! „Fankultur soll sein”

München · Albrecht Ackerland zum Ärger ums Sechzger

München · Ein Bild der Verwüstung, hieß es in einer Zeitung, hinterließen eingefleischte Löwenfans am Candidplatz. Ich war damals da…

…Es war der Treffpunkt der Blauen vor dem vergangenen Amateure-Derby, Sechzig gegen Bayern in der Regionalliga, eine Stimmung in der Stadt und im Stadion, als ginge es mindestens um die Champions ­League. Im ganzen Viertel bitzelt die Luft.

Die Blauen trafen sich also am Candidplatz, räumten eine nahe Tankstelle leer, bezahlten freilich alle brav und tranken ihr warmes Bier und kauften sich eines der eigens für den Tag gestalteten Shirts. Die Stimmung war gut und wenn einmal einem von den einigen hundert Fans eine Flasche aus der Hand fiel, dann aus Versehen. Später sollten sich Flaschensammler ein schönes Abendessen verdienen, viel sah man am Ende nicht mehr an Hinterlassenschaft, das nennt man also Verwüstung.

Wüst freilich sind die Lager verfeindet, und wüst klingen dann auch die Gesänge. »Wir sind die Löwen, wir sind aus München, wir sind diejenigen die alle Bayern lynchen«, ist nun wirklich kein Kinderreim, aber es wäre ja auch merkwürdig, träfen die beiden Erzrivalen aufeinander, egal in welcher Liga, und es gäbe keinen Spott, kein Aufheizen, keine literarisch gemeinten Drohungen.

So waren das Bild und der Ton, die die Sechzger abgaben beim Marsch vom Candidplatz zum Stadion, reichlich rabiat. Genau so soll das auch sein. Offenbar wünscht eine große Gruppe Menschen derlei Pflegen von Kultur, was andere als Kulturverlust sehen. Rauchtöpfe und bengalische Feuer brannten. Ich persönlich kann so einem Feuerwerk durchaus etwas abgewinnen.

Ich kennen einige, die am gleichen Tag auf dem Viktualienmarkt standen, fünfhundert Bayern-Fans trafen sich dort und feierten sich warm. Ein einziger Bengalo brannte. Hinterher hieß es, manche Standl mussten früher schließen und überhaupt klang alles schwer nach Brandschatzen und Ausschreitung. Ein einziger Schmarrn, so wird mir glaubwürdig berichtet.

Trotzdem bekommt auch der Viktualienmarkt nun eine Strophe im Lied um die gefährlichen Zustände am Stadion an der Grünwalder Straße, das die Polizei, das KVR und der Stadtrat nun singen. Der Markt und der Großbereich ums Stadion ist künftig Gefahrenzone, das ist beschlossen. Wenn ich aus der U-Bahn an der Silberhornstraße komme und einen Schweizer Kracher in der Tasche habe oder einen Schal vor dem Mund, dann darf ich festgenommen werden und kann ein Bußgeld bekommen. Das ist also die entspannte Münchner Art, mit seiner Kultur umzugehen.

Sicher gehört direkte Gewalt unter Fans verhindert, das ist keine Kultur, aber was wir hier in München haben und was viele junge wie alte Menschen auch wollen, ist Fankultur, die mitten in der Stadt möglich ist, weil wir ein wunderbares Stadion haben, das mitten in der Stadt liegt. Damit sollten wir uns rühmen und uns freuen – und manche Dinge sollten wir auch einmal zulassen, die manch andere vielleicht nicht verstehen. Vielfalt ist schön – und München ist blau!

Artikel vom 28.03.2015
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