Ein Fremdkörper?

Englschalking · Russisch-orthodoxe Kirche wird gebaut – trotz Bedenken im BA

So soll sie aussehen, die russisch-orthodoxe Kirche mit Gemeindezentrum und Kindertagesstätte, die auf dem brach liegenden Areal an der Knappertsbuschstraße 26 geplant ist.	Visualisierung: Architekturbüro Bernd Fröhlich

So soll sie aussehen, die russisch-orthodoxe Kirche mit Gemeindezentrum und Kindertagesstätte, die auf dem brach liegenden Areal an der Knappertsbuschstraße 26 geplant ist. Visualisierung: Architekturbüro Bernd Fröhlich

Englschalking · Die geplante russisch-orthodoxe Kirche mit Gemeindezentrum und Kindertagesstätte in Englschalking kann realisiert werden.

Entstehen soll sie auf dem brachliegenden Areal an der Knappertsbuschstraße 26, direkt gegenüber der gleichnamigen Grundschule. Den Einspruch des Bezirksausschusses (BA) 13 gegen das Projekt lehnte das Planungsreferat der Stadt München ab, für das geforderte Wettbewerbsverfahren sieht die Kommission für Stadtgestaltung keine Notwendigkeit. Die Baugenehmigung ist laut Referatsprecher Thorsten Vogel bereits erteilt worden. Die Höhe der Kuppel beträgt demnach – ohne Kreuz – genau 28,93 Meter.

Die Stadt setzte sich damit über das einhellige BA-Bedenken hinweg, dass das monumentale Bauwerk ein störender Fremdkörper in einer Umgebung mit Wohnbauten aus den siebziger Jahren sein könnte. Auch der Hinweis von vor zwei Jahren, dass lediglich 22 Parkplätze vorgesehen seien, wurde von der Behörde per Schreiben an das Kommunalparlament entkräftet. »Die Anzahl der Stellplätze auf dem Grundstück ist auf 44 erhöht worden«, heißt es darin. Damit seien die Vorgaben aus dem vorgelegten Verkehrsgutachten vom 21. Januar 2014 erfüllt worden. Mit einer unzumutbaren Belastung der Anwohner durch Autos auf Parkplatzsuche sei laut Planungsreferat nicht zu rechnen. Weiter wird angeführt: »Einer Kirchengemeinschaft muss im Rahmen der Ausgestaltung von Religionsausübung, und damit bezogen auch auf ihre Gotteshäuser, ein gewisser individueller Ausdruck zugestanden werden«.

Die Vorgeschichte der Kirche reicht mehr als vier Jahre zurück. Mitte 2010 hatte der damalige BA-Planungschef Frank Otto mit dem Vorhaben der Tihon-Stiftung überrascht, die als Bauherrin fungiert. Da die Kuppelspitze über 36 Meter in die Höhe ragen sollte – gut zehn Meter mehr als die neungeschossigen Gebäude in der Nachbarschaft – lehnten die Lokalpolitiker die Voranfrage ab. Überdies wurde argumentiert, dass für eine Kirche mit »stadtweitem bis regionalem Einzugsgebiet« der gewünschte Standort ungeeignet sei – vor allem wegen seiner für diesen Bedarf ungenügenden Erschließung durch die öffentlichen Verkehrsmittel.

Zum Bau selbst wurde vom BA damals angeführt: »Der Baukörper widerspricht eklatant den Vorgaben des Bebauungsplans bezüglich Baumasse und Freiflächen«. Auch dem Planungsreferat war der Komplex seinerzeit zu hoch und zu wuchtig. Und die Stadtgestaltungskommission hatte die »opulente Optik« kritisiert. Dazu muss man wissen: Im Bebauungsplan aus dem Jahr 1966 war die Art der Nutzung einst mit »katholische Kirche« festgesetzt worden.

Die katholische Kirche hatte das betreffende Grundstück aber später an die russisch-orthodoxe Glaubensgemeinschaft verkauft. Folglich musste die Stadt München die geänderten Vorgaben bewerten – und letztlich war alles eine Frage der Größe.

Im Januar 2011 hatte das Planungsreferat dann »eine Befreiung der festgesetzten Nutzung von katholische zu russisch-orthodoxe Kirche unter bestimmten Bedingungen« in Aussicht gestellt. Im September 2012 wurde ein zweiter Entwurf eingereicht: Der Eingangsbereich des Komplexes wurde auf Geländeniveau abgesenkt, die Höhe der Kirche schrumpfte nun um 6,5 Meter, die Kuppel misst nun – wohlgemerkt ohne Kreuz – die besagten fast 30 Meter.

Das Gemeindezentrum soll laut Vogel eine Fläche von 555 Quadratmeter haben. Geplant sind zwei Geschosse sowie ein nicht ausgebautes Dachgeschoss. In dem Gebäude sollen auch eine Kindergarten- sowie eine Kindergruppe für 37 Mädchen und Buben untergebracht werden.

Vor vier Jahren hatte Nikolai Zabelitch, Priester für München und Dachau, sowie auch im Tihon-Vorstand vertreten, die Baukosten auf etwa zwölf Millionen Euro beziffert. Laut Zabelitch werde Tihon von Mitgliedern und verschiedenen Quellen unterstützt, wie beispielsweise russischen Firmen. Den Kaufpreis fürs Grundstück, den jetzt kalkulierten Aufwand und wann die Arbeiten beginnen – all das wollte der Priester jedoch nicht nennen. Helmut G. Blessing

Artikel vom 07.10.2014
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