Hoamat Bayern: Viele Burschen verwandeln sich in gewitzte Strategen

Schliersee · Achtung: Maibaumdiebe

Am 1. Mai wird auch im altbayerischen Dorf am Schliersee der Maibaum aufgestellt, mit Maibock und bayerischer Blasmusi. 	Foto: Dieter Schnöpf

Am 1. Mai wird auch im altbayerischen Dorf am Schliersee der Maibaum aufgestellt, mit Maibock und bayerischer Blasmusi. Foto: Dieter Schnöpf

München/Schliersee · »Mit dem kann man Pferde stehlen!« So sagt man, wenn man mit jemanden durch dick und dünn gehen kann. Zur Zeit wird in Bayern allerdings oft etwas anderes als Pferde entwendet, nämlich Maibäume.

Hoamat Bayern – Die Kolumne von Markus Wasmeier

  • Markus Wasmeier-Kolumne
    Im Bauernhof- und Wintersportmuseum am Schliersee pflegt Markus Wasmeier, bekannt als Skirennläufer, das kulturelle Erbe seiner Heimat

Wie alt die Tradition des Maibaumstehlens ist, das lässt sich nicht sagen, vermutlich aber schon fast so alt, wie das Maibaumaufstellen selbst. Das ist erstmals im 14. Jahrhundert erwähnt. Auf was sich die Tradition des Maibaums genau bezieht, kann man heute nicht mehr sicher ergründen, aber manche Forscher vermuten einen germanischen Fruchtbarkeitskult als Ursprung. Auf alle Fälle ist jedes Dorf stolz auf seinen Baum, der am 1. Mai mit Hilfe von Holzstangen, sogenannten Schwalben aufgestellt wird. Und wie immer, wenn jemand recht stolz auf etwas ist, macht es besonders viel Spaß ihm einen kleinen Streich zu spielen. Und das Maibaumstehlen ist nichts anderes, denn ein wirklicher Diebstahl ist es sicherlich nicht. Anders nämlich als beim Bankraub hat der Dieb ein großes Interesse, den Baum zurückzugeben. Natürlich nicht einfach so, sondern gegen eine Auslöse, meist in Form von Bier und Brotzeit.

Auslöse meist in Form von Bier und Brotzeit

Ganz so leicht, wie es sich anhört, ist es allerdings nicht, denn die Maibäume werden bewacht, im Übrigen auch unserer, falls ich Sie jetzt auf dumme Gedanken gebracht haben sollte. Und die Maibaumwachen sind in der Regel sehr aufmerksam. Das Maibaumstüberl, wie das Wachlokal heißt, ist in den Orten ein beliebter Treffpunkt und es gibt dort fast immer etwas zu trinken oder kleine Brotzeiten. Es liegt jedoch in der Natur der Sache, dass auch beim besten Bewacher die Konzentration in den frühen Morgenstunden etwas nachlässt. Das Maibaumstehlen ist also eine Art Räuber und Gendarm-Spiel, für das gilt: Je raffinierter die List, umso besser. In einer Gemeinde zum Beispiel hatten die Burschen, die den Baum bewachten einen alten Bauwagen zum Wachlokal umgebaut.

Die Maibaumdiebe haben dann kurzerhand die Tür geschlossen, den Bauwagen an einen Schlepper angehängt und so erst einmal die Maibaumwache »geklaut« um dann ganz bequem den Baum wegzubringen. Weniger bequem stelle ich es mir hingegen auf der Zugspitze vor. Aber selbst auf dem höchsten Berg Deutschlands war man nicht sicher vor Maibaumdieben, die den Maibaum damals mit einem Hubschrauber entwendeten. Werden die Diebe innerhalb der Gemeindegrenze beim Abtransport überrascht, müssen sie ihre Beute zurückgeben und zwar kampflos. Dabei genügt es, wenn einer der Bewacher seine Hand auf den Baum legt. Als Dieb ist man zudem auch verantwortlich, dass der Baum nicht beschädigt wird und das ist mitunter schwierig, zumal wenn die Bäume bemalt sind. Dies ist regional unterschiedlich. Teilweise wird der Stamm mit Rinde und dem noch grünen Wipfel des Baumes aufgestellt oder, wie in Oberbayern oft üblich, entrindet und in vielen Gegenden auch weiß-blau bemalt. Die Kränze, die an den Maibaum gehängt werden oder die Tafeln, auf denen die ortsansässigen Handwerksbetriebe dargestellt sind, dürfen nicht gestohlen werden. Sie werden auch erst nach dem Aufstellen angebracht.

Tafeln und Kränze dürfen nicht gestohlen werden

Besuchen Sie mich doch kommenden Donnerstag im Freilichtmuseum in Schliersee bei unserem traditionellen Maibaumfest. Es ist immer eine Riesengaudi mit Musik und nicht zu vergessen, unserem Maibock, dem Wasinator. Dieses untergärige Starkbier wird vom Braumeister extra für Sie in unserer Schöpfbrauerei wie vor 300 Jahren gebraut. Wenn Sie den Wasinator probieren wollen, empfehle ich Ihnen eine Anreise ganz bequem mit der Bahn und vom Bahnhof Fischhausen/Neuhaus sind Sie in drei gemütlichen Gehminuten am Museum.

Ihr
Markus Wasmeier

Artikel vom 27.04.2014
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