Neue Wege gehen: Wohnen, Verkehr und Bildung

Prof. Dr. Michael Piazolo: »Es ist höchste Zeit, den weiteren Ausbau des Mittleren Rings zu planen!«

Es ist Zeit, den Ausbau des Mittleren Rings zu planen. Der Verkehr soll fließen, und die geplagten Anwohner werden von Lärm, Stau und Feinstaub befreit.	Fotos: AH

Es ist Zeit, den Ausbau des Mittleren Rings zu planen. Der Verkehr soll fließen, und die geplagten Anwohner werden von Lärm, Stau und Feinstaub befreit. Fotos: AH

Giesing · Neben dem Erhalt von bezahlbarem Wohnraum und dem Tunnelbau am Giesinger und Sendlinger Abschnitt des Mittleren Rings möchte sich Prof. Dr. Michael Piazolo von den Freien Wählern verstärkt für Investitionen in den Bereichen Schule und Bildung einsetzen.

Nutzen Sie Ihre Chance auf Mitbestimmung

Die Grundzüge der Maßnahmen, mit denen er diese Ziele realisieren möchte, schildert der Landtagsabgeordnete, Politologe und Jurist beim Gespräch im Eiscafé Esmeralda in der Schlierseestraße.

Ihr Stimmkreis enthält neben klassischen Arbeitervierteln wie Giesing und Untersendling auch die gutbürgerlichen Stadtteile Thalkirchen, Harlaching und Solln. Driften die Interessen dieser ganz unterschiedlichen Bezirke hinsichtlich der Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt nicht sehr auseinander?

Piazolo: Die Bedürfnisse unterscheiden sich, widersprechen sich jedoch nicht! Einerseits gilt es, der Gentrifizierung, durch die alteingesessene Familien aus ihren Stadtvierteln vertrieben werden, mit allen Mitteln der Politik entgegenzusteuern. Neben der Begrenzung der Mietpreise, steuerlichen Anreizen für mehr Wohnungsbau und der Förderung von Genossenschaftsmodellen sollte man junge Leute auch unterstützen, möglichst frühzeitig den Erwerb von Wohneigentum zu verwirklichen. Machbar wäre dies, wenn beispielsweise Mietzahlungen bereits anteilig auf den Kaufpreis angerechnet werden, langjährige Mieter die Wohnung also günstiger kaufen können. In anderen Ländern Europas haben sich solche Ansätze durchaus bewährt.

Bebaubare Flächen im Stadtbereich sind jedoch rar …

Piazolo: Deshalb ist es dringend notwendig, die Peripherie mit im Blick zu haben. Um neue Projekte systematisch voranzubringen, sollte die Landeshauptstadt den Neubau von Wohnungen intensiver gemeinsam mit den Gemeinden im Umland planen. Dadurch ließen sich unnötige Reibungsverluste – etwa bei der verkehrstechnischen Anbindung – weitgehend vermeiden. Andererseits ist es mir wichtig, den Charakter der Gartenstädte Solln und Harlaching mit deren lockerer Bebauung unbedingt zu erhalten. Deshalb wehre ich mich gegen Maßnahmen der Verdichtung im Wohnungsbau.

Kilometerlanger Stau auf dem Weg zum Arbeitsplatz stresst so manchen Münchner Autofahrer mehr als die Arbeit selbst. Was schlagen Sie zur Entspannung vor?

Piazolo: Hauptschlagader des Verkehrs in München ist der Mittlere Ring. Der Richard-Strauss-Tunnel hat im Osten der Stadt bereits für Entspannung gesorgt. Im Westen ist der Bau des Tunnels bereits weit fortgeschritten. Deshalb ist es jetzt an der Zeit, weitere Maßnahmen zu planen! Mit Blick auf die Zukunft setzte ich mich verstärkt für den Bau eines Tunnels von der Chiemgaustraße über die Tegernseer Landstraße bis zum Brudermühltunnel ein. Ein Gutachten über die Machbarkeit des Ausbaus haben die Freien Wähler bereits durchführen lassen und das Bürgerbegehren »Kreuzungsfreier Mittlerer Ring« initiiert. Unser Ziel ist, dass der Verkehr fließen kann und gleichzeitig die seit Jahrzehnten geplagten Anwohner von Lärm, Stau und Feinstaub befreit werden.

Als Hochschullehrer liegt Ihnen die Schul- und Bildungspolitik besonders am Herzen. Was steht an in diesem Bereich?

Piazolo: Ich persönlich plädiere verstärkt für Investitionen in Bildung, die letztlich ja eine Investition für mehr Chancengleichheit darstellt! Gefragt ist individuelle Förderung, die nur in kleineren Klassen und mit mehr Lehrern möglich ist. Das Kontingent an Kindertagesstätten und Ganztagsschulen muss ausgebaut werden. Allerdings halte ich Abitur und Studium nicht für den einzigen Weg zu einem glücklichen Leben. Deshalb gilt es, Ausbildungsberufe aufzuwerten, anstatt sie zunehmend zu akademisieren – wie es beispielsweise für Erzieherinnen vorgeschlagen wird. In vielen Bereichen brauchen wir schlicht Praktiker, die mit einer dualen Ausbildung in der Berufsschule und im Betrieb hervorragende Kompetenzen für ihren Beruf erwerben. Bislang hängt das Einkommen jedoch zu stark vom Abschluss ab! Deshalb brauchen wir eine verstärkte Debatte in der Öffentlichkeit: Ist es gerechtfertigt, dass Menschen mit Universitätsabschluss automatisch deutlich höher entlohnt werden als jene mit dualer Ausbildung? Nutzen Erstere der Gesellschaft tatsächlich mehr als jene in sozialen Berufen? AH

Artikel vom 28.08.2013
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...