Ein Kommentar von Alfons Seeler

Chaos auf Bestellung?

Besucherandrang in der Westkurve beim Derby. Foto: A. Wild

Besucherandrang in der Westkurve beim Derby. Foto: A. Wild

München/Giesing · Beim Derby der Reservemannschaften des FC Bayern und des TSV 1860 kam es am Dienstagabend vor den Stadiontoren unter der Westkurve des Grünwalder Stadions, dem Einlass für die Gäste, zu chaotischen Szenen und tumultartigen Protesten. Schuld daran war neben der Aggression einzelner Fans mit hohem Testosteronspiegel vor allem die mangelhafte Organisation des Veranstalters.

Die Gästekarten für den TSV 1860 wurden im Vorverkauf abgesetzt. Die Besucheranzahl konnte also nicht überraschen. Zunächst waren nur fünf schmale Eingänge in der Westkurve für die Gästefans geöffnet. Als der Andrang zu groß wurde, Anstehende von hinten drängelten und es zu Auseinandersetzungen kam, wurde der Einlass – mutmaßlich auf polizeiliche Anweisung hin – sogar auf zwei Schleusen reduziert.

Nehmen wir an, für die Einlasskontrollen (Vorkontrolle, Kartenkontrolle, Leibesvisitation) werden pro Person 30 Sekunden benötigt, dann käme man bei 3.500 Zuschauern, die Karten für die Westkurve hatten, bei nur einer Einlassstelle auf rund 29 Stunden Einlasszeit. Verteilt auf fünf Eingänge immer noch auf stattliche 5,8 Stunden. Das konnte also in der Praxis nie und nimmer klappen. Diese einfache Rechnung scheint aber im Vorfeld niemand beim Veranstalter angestellt zu haben.

Das Grünwalder Stadion verfügt in der Westkurve über theoretisch bis zu 18 zu öffnende Tore in der Umzäunung, von denen man nur einige mit ausreichend Personal hätte besetzen müssen und die Besucherabfertigung wäre ohne Probleme zu bewältigen gewesen. Man möge sich kurz in die Psyche eines Fans versetzen, der 45 Minuten vor Anpfiff mit tausenden weiteren Zuschauern in einer riesigen Traube vor dem Stadion warten muss und erkennt, dass er auf Grund des starken Andrangs und der nur wenigen geöffneten Einlassstellen aller Wahrscheinlichkeit nach den Anpfiff des Spiels nicht miterleben wird. Bei einer solchen Organisationspanne käme es nicht nur vor einem Fußballstadion, sondern selbst vor der Oper zu heftigen Protesten der Besucher.

Dass zum Schluss alle Tore geöffnet werden mussten und die verbliebenen Zuschauer ohne weitere Kontrolle ins Stadion strömten, war nur logisch. Anders war die Situation gar nicht mehr beherrschbar. Fazit: Man kann sich Probleme auch herbei organisieren.

Alfons Seeler

Artikel vom 07.08.2013
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