Raus aus dem Kloster: Kindergarten macht Schule Platz

Schwabing · Modul statt Container

Die St. George’s School soll im Anwesen an der Schleißheimer Straße 278 einziehen, in dem noch der Sankt-Josef-Kindergarten untergebracht ist. Johannes Singhammer (kl. Foto) sieht das als »Verdrängungswettbewerb«.	Foto: scy/privat

Die St. George’s School soll im Anwesen an der Schleißheimer Straße 278 einziehen, in dem noch der Sankt-Josef-Kindergarten untergebracht ist. Johannes Singhammer (kl. Foto) sieht das als »Verdrängungswettbewerb«. Foto: scy/privat

Schwabing · Wer will schon gerne in einem Container untergebracht werden? Container, das ist so ein Wort, da kommen schnell die schlimmsten Befürchtungen hoch. So auch bei den Eltern der Kinder, die den integrativen Kindergarten Sankt Josef an der Schleißheimer Straße 278 besuchen.

Kindergarten in München

Denn die 120 Mädchen und Jungen müssen in wenigen Wochen raus aus ihrem heimeligen Anwesen, einem gut neunzig Jahre alten, ehemaligen Kloster – und rein in eigens und in unmittelbarer Nähe aufgestellte Container. Dagegen protestiert nun auch der örtliche Bundestagsabgeordnete Johannes Singhammer. Der CSU-Politiker spricht von einem »Verdrängungswettbewerb zu Lasten des Kindergartens«. Denn in die leerwerdenden Räume wird demnächst die St. George’s International School einziehen. Aber kann man wirklich davon sprechen, dass eine Nobelschule die Kindergartenkinder vertreibt, so wie es auch in den vergangenen Monaten mehrfach zu hören war?

Auf Nachfrage bei Gabi Kaufmann, Mitarbeiterin des Fachbereichs Kindertagesstätten beim Caritasverband für die Region München, stellt sich heraus, dass sich das Blatt inzwischen gewendet hat. War der Schock für viele Eltern im Februar noch groß, als sie erfuhren, was da auf ihre Kinder zukommt, so sind nun laut Kaufmann die Wogen »im Großen und Ganzen« geglättet. »Damals traf es uns ja alle völlig unvorbereitet, keiner wusste, dass die Investoren das Gebäude an eine Privatschule verkauft hatten«, berichtet sie. »Dass die Investoren uns einfach vor vollendete Tatsachen gestellt haben, das war schon äußerst fragwürdig.« Die Caritas ist der neue Träger der Einrichtung, nachdem sich der Orden der Karmeliterinnen im Januar aus seiner Aufgabe zurückgezogen hatte. Das Anwesen wurde an eine GmbH verkauft, die, ganz im Sinne der Ordensfrauen, das Verbleiben des Kindergartens sowie die Nutzung des angrenzenden Gartens garantierte. Von der Unterbringung einer Schule sei, so Kaufmann, vorher nie die Rede gewesen.

»Natürlich kann ich nicht für alle Eltern sprechen und es gibt vereinzelt sicherlich immer noch solche, die dagegen sind, doch die Mehrheit steht dem Umzug nun positiv gegenüber«, sagt Kaufmann. »Die Kinder freuen sich sogar richtig auf ihre neuen Räume.« Und diese sehen beileibe nicht so aus wie das Unwort »Container« vermuten lässt. Das versichert auch Monika Niedermayer vom Referat für Bildung und Sport: »Es handelt sich um hochwertige Räumlichkeiten, alle erforderlichen Auflagen sind erfüllt.« Auch der Garten des Grundstückes dürfe weiterhin benutzt werden. Gemeinsam mit der neuen Schule, jedoch abgegrenzt durch Zäune. Damit hätten die Kinder immer noch mehr Fläche zur Verfügung als gesetzlich vorgeschrieben. Dass die Entwicklung vonseiten der Landeshauptstadt München mit Sorge gesehen werde, so wie Singhammer behauptet, davon könne, so Niedermayer, überhaupt keine Rede sein.

Wozu wieder alles aufwühlen?

Warum der Politiker nun Staub aufwirbelt, versteht auch Kaufmann nicht. »Wir haben einen guten Kompromiss gefunden. Es wurde uns zugesichert, dass Kinder, Eltern und Personal sowohl im Innen- als auch im Außenbereich mitgestalten dürfen.« Es sei ein durchaus schmerzhafter Prozess gewesen, bis man sich habe mit der Situation arrangieren können, das »Vorpreschen von Herrn Singhammer« schade zum jetzigen Zeitpunkt mehr, als dass es etwas nutze. »Wozu nochmal alles aufwühlen?«, fragt sich Kaufmann. »Wir wollen nicht mehr dagegen ankämpfen, wir wollen gemeinsam gestalten.« Singhammer bleibt dabei: »Gerade behinderte Kinder brauchen ein vertrautes Umfeld, Ruhe und Geborgenheit. Der Umzug in Container auf einen abgegrenzten Grundstücksteil ist das glatte Gegenteil.«

Doch an der Containerlösung wäre man spätestens in zwei Jahren nicht mehr vorbeigekommen. Denn das renovierungsbedürftige Gebäude hat seine besten Tage längst gesehen. Und: Im Kindergarten wurden Brandschutz- und an den Spielgeräten Sicherheitsmängel festgestellt. Durch einen früheren Auszug zugunsten der Privatschule werde, so heißt es vonseiten des Investors, die »Errichtung eines Provisoriums lediglich zeitlich vorweggenommen«. Kein Argument, das Singhammer gelten lässt: »Es kann nicht sein, dass aus Brandschutzgründen der St.-Josef-Kindergarten in Container untergebracht werden soll, während gleichzeitig eine neugegründete Privatschule genau diese Räumlichkeiten zwischennutzen möchte.«

Sein Vorschlag: »Aus meiner Sicht wäre es besser, den Schulbetrieb vorübergehend in Containern stattfinden zu lassen, als den zum Teil behinderten Kindern einen mehrfachen Umzug zuzumuten.« Kindergarten und Schule haben sich in der Zwischenzeit angenähert. Gemeinsame Feiern, wie etwa das nächste Maibaumfest sind in Planung und auch weitere gemeinschaftliche Aktionen. »Wir freuen uns auf ein Miteinander«, sagen Kaufmann und die Leiterin der St. George’s School in München, Marietta Horton. Am 27. August geht der Kindergarten wieder in Betrieb, am 12. September startet die Schule. »Und auch wenn es Zäune gibt, sie sollen keine Barriere sein«, bekräftigt Horton, die zwischen 50 bis 100 Schüler erwartet. Das ehemalige Kloster mit »seinem ganz besonderen Charme« werde aber nicht das endgültige Domizil sein. In zwei Jahren sei der nächste Umzug geplant, wohin, stehe noch nicht fest.

Für fünf Jahre im Container

Der Kindergarten hingegen soll die nächsten fünf Jahre in den Containern bleiben – der Investor plant eine Wohnanlage, in die der Kindergarten integriert werden soll. »Besser, wir kommen langsam mal weg von dem Wort Container«, sagt Kaufmann und liefert die alternative Formulierung gleich nach: »mobile Moduleinheiten.« Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 25.06.2013
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