Menschenrechte in Ägypten: Ein persönlicher Reisebericht

München · Land vor der Entscheidung

Johannes Singhammer (l.) im Gespräch mit dem koptischen Papst Tawadros II. Foto: Privat

Johannes Singhammer (l.) im Gespräch mit dem koptischen Papst Tawadros II. Foto: Privat

München · „Vor wenigen Tagen bin ich von einer dreitägigen Reise aus Kairo zurückgekehrt. Dieser offizielle Besuch, den ich als Stellvertretender Unions-Fraktionsvorsitzender in Ägypten gemacht habe, hatte ein Ziel: Religionsfreiheit für Christen nach der ägyptischen Revolution einzufordern.

Meine Gesprächspartner waren hochrangig: Der Vizepräsident der Muslim- brüder Essam El-Erian, der neue ägyptische Premierminister Hesham Kandil, die Führer aller wichtigen Oppositionsparteien und der neue koptische Papst Tawadros II., dazu viele ganz „normale“ Ägypter. Mein Eindruck: Das wichtigste Land in Nordafrika mit 90 Millionen Einwohnern steht in einer angespannten Atmosphäre kurz vor der Entscheidung: Gottesstaat oder Zivilgesellschaft, Kriminalitätsexplosion oder Rechtsstaatlichkeit. Verarmung von Millionen oder bescheidener Wohlstand nach der Revolution.

,Wir wollen keinen Gottesstaat’ versichern der Vizechef der Muslimbrüder ebenso wie der Regierungschef mir gegenüber: ,Das Blut, das letzte Woche geflossen ist, soll das letzte Blut sein’, im Hinblick auf die gewalttätigen Demonstrationen um den Tahrirplatz im Zentrum Kairos. Gleichzeitig beklagen mir gegenüber die Oppositionsführer, ein den Salafisten nahestehender Scheich habe öffentlich im Fernsehen zwei Persönlichkeiten von ihnen mit einer Fatwa belegt, d.h., für vogelfrei erklärt. Die Rechte der Frauen hätten sich dramatisch verschlechtert. Und der koptische Papst als Oberhaupt von mehr als 10 Millionen Kopten beklagt, dass Christen zwar nicht verfolgt, aber vielfältig diskriminiert werden, etwa keine Chance für Christen in der öffentlichen Verwaltung zu arbeiten. Und er berichtet, dass auf christliche Familien und Frauen wachsender Druck zum Glaubenswechsel ausgeübt wird. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob die Ankündigungen der Muslimbrüder umgesetzt werden oder die realen Ängste der Christen noch schlimmer werden.

Meinen Gesprächspartnern habe ich erklärt: Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht. Inneren Frieden und Wohlstand gibt es nur, wenn die Freiheit der Religionsausübung auch für die christliche Minderheit garantiert bleibt. Denn Freiheit und Berechenbarkeit sind der Testfall für wirtschaftliche Investitionen auch aus Deutschland. Und die vielen Millionen armer Menschen in Ägypten brauchen neue Arbeitsplätze und viele Touristen, die ohne Angst an den Nil reisen.“ Von Johannes Singhammer

Der Verfasser ist Mitglied des Bundestages für den Münchner Norden und Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Artikel vom 20.02.2013
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