BA plant Gedenktafel, um an die »Weiße Rose« zu erinnern

Haidhausen · Zaun als Zeitzeuge

Sophie Scholl stand diesseits des Zauns an der Orleansstraße, mehrere Soldaten jenseits, darunter ihr Bruder Hans sowie  Alexander Schmorell. In diesen Tagen finden viele Gedenkveranstaltungen statt.	Foto: js

Sophie Scholl stand diesseits des Zauns an der Orleansstraße, mehrere Soldaten jenseits, darunter ihr Bruder Hans sowie Alexander Schmorell. In diesen Tagen finden viele Gedenkveranstaltungen statt. Foto: js

Haidhausen · Am 22. Februar jährt sich die Hinrichtung von Sophie Scholl und ihrem Bruder Hans zum siebzigsten Mal. Eine Gedenktafel an dem gusseisernen Zaun entlang der Orleansstraße zwischen Haidenau- und Orleansplatz soll künftig an das Geschwisterpaar der NS-Widerstandsbewegung »Weiße Rose« erinnern.

Genau dort nämlich, an demselben Zaun wie er heute noch da steht, verabschiedete Sophie Scholl im Juli 1942 ihren Bruder sowie Alexander Schmorell, ebenfalls Mitglied der Gruppe, vor deren Abfahrt an die Ostfront. Es gibt sehr bekannte Fotos von dieser Begebenheit; alle Welt kennt sie. Dass die Gedenktafel nicht schon diese Woche errichtet wird, hat unter anderem mit den Rechten an diesen Fotos zu tun.

Für eine Gedenktafel an dem Zaun eingesetzt hat sich der Bezirksausschuss (BA) Au-Haidhausen bereits vor zehn Jahren. Ein Haidhauser Anwohner, der inzwischen in Hamburg lebt, hat den Ort damals bei einer Fotoausstellung erkannt und sich anschließend an den BA gewandt, berichtet Hermann Wilhelm, Vorsitzender des Kulturausschusses des Gremiums.

Es folgten langwierige Recherchen. Nachgewiesen ist, dass die Szene kurz vor dem Aufbruch von Hans Scholl und Alexander Schmorell nach Russland aufgenommen worden ist, wo die beiden Sanitätsdienst leisteten. Wilhelm: »Am Ostbahnhof sind damals die Soldaten verladen worden.« Schon 2003, zum sechzigsten Jahrestag der Hinrichtungen, beschloss der BA, an dieser Stelle ein Gedenkzeichen zu errichten. Gescheitert ist es zu Beginn an ungeklärten Besitzverhältnissen; es galt herauszufinden, wem das Grundstück überhaupt gehörte. Zunächst wurde mit der Stadt verhandelt. Es stellte sich jedoch heraus, dass diese gar nicht Eigentümerin der Fläche war. Die Stadt verwies den BA an die Deutsche Bahn weiter, die allerdings ebenfalls nicht für das Areal zuständig war. Besitzer ist die Grundstücksverwertungsgesellschaft. Man sei in Kontakt getreten, und habe grünes Licht für das Vorhaben bekommen, so Wilhelm. »Die Eigentümer sind sehr offen und unkompliziert gewesen.«

Jedoch konnte man den ursprünglich angestrebten Termin für die Einweihung der Gedenktafel nicht einhalten. Eigentlich plante der BA, das Erinnerungszeichen zum 70. Todestag der Geschwister Scholl aufstellen zu lassen. Aber nun ist ein weiteres Hindernis aufgetaucht: Der Bezirksausschuss muss die Rechte an der Fotografie erst noch erwerben. Das Bild soll nämlich auf eine Metalltafel gedruckt und mit einem erklärenden Text versehen werden, der die Szene beschreibt. Das Foto stammt von einem Zeitzeugen, der inzwischen in den USA lebt, und der mit der Verwertung der Bildrechte eine Agentur beauftragt hat.

Die Gespräche mit der Agentur seien zwar noch nicht abgeschlossen, räumt Wilhelm ein. Er gehe aber davon aus, dass die Gedenktafel im Juli, dem Monat, in dem das Foto entstanden ist, installiert werden kann. »Dass wir es nicht zum Todestag geschafft haben, hat auch Vorteile«, meint Wilhelm. Derzeit gebe es nämlich zahlreiche Veranstaltungen zum Gedenken an die »Weiße Rose«. »Unser Projekt wäre bei dieser Vielzahl vielleicht untergegangen.« Werde die Tafel hingegen erst im Sommer aufgestellt, erreiche man sicher eine größere öffentliche Aufmerksamkeit.

Begrüßt wird das Vorhaben übrigens auch von der »Weiße Rose Stiftung«. Zwar sei Haidhausen nicht Zentrum der Bewegung gewesen, räumt Ursula Kaufmann, Historikerin bei der Stiftung, ein: »Das war kein Ort des Widerstands.« Weil der auf der Fotografie gezeigte Zaun heute noch erhalten ist, sei es jedoch »eine schöne Sache«, dort ein Zeichen zu setzen.

In absehbarer Zeit könnte der Eisenzaun, dieser Zeitzeuge, der das Bild der Orleansstraße seit so vielen Jahrzehnten prägt, verschwinden. Das Gebiet an der Bahn soll bebaut werden. Deswegen engagiert sich der BA schon jetzt dafür, den Abschnitt an der künftigen Gedenktafel zu erhalten. »Dann soll aus der Gedenktafel ein Denkmal werden«, kündigt Wilhelm an. Allerdings müsse man darüber erneut mit der Stadt verhandeln. Julia Stark

Artikel vom 19.02.2013
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