Überflutung am Nordwest-Abwasserkanal in Feldmoching – Runder Tisch im neuen Kulturzentrum 2411

Feldmoching · Hausbesitzer erhalten keinen Schadensersatz

Enttäuscht von der Stadt: die Feldmochinger Hausbesitzer Gisela Obersojer, Rolf Deska und Hermine Feichtmaier (von links).	Foto: ws

Enttäuscht von der Stadt: die Feldmochinger Hausbesitzer Gisela Obersojer, Rolf Deska und Hermine Feichtmaier (von links). Foto: ws

Feldmoching · Seit gut zwei Jahren hoffen die Grundwassergeschädigten Hausbesitzer am Nordwest-Abwasserkanal in Feldmoching auf eine Schadensregulierung – doch die Allianz, bei der die Stadt München versichert ist, hat das nun abgelehnt.

Grundwasser-Problematik in Feldmoching

Kein einziger der mehr als 30 Geschädigten bekommt Geld. »Es kommt mir so vor, als ob die Stadt sich wie 1999 vor der Verantwortung drücken will und sich im Kreis bewegt«, empörte sich Anliegerin Hermine Feichtmaier beim runden Tisch im neuen Kulturzentrum 2411. Zur Erinnerung: An Pfingsten 1999 und im August 2010 wurden nach starken Regenfällen und hohem Grundwasserstand die Keller von Häusern in der Untermühle im Norden Feldmochings überflutet. Bei vielen Hausbesitzern liefen Tag und Nacht elektrische Pumpen, »sonst wären wir abgesoffen«, berichtete ein Betroffener. Heizungsanlage, Waschmaschine und Trockner wären kaputt gegangen. »Vor dem Bau des Nordwest-Sammelkanals hatten wir kein Wasser in den Kellern«, stellte Hermine Feichtmaier klar. Alle der rund 20 anwesenden Hausbesitzer waren sich beim runden Tisch – dem insgesamt elften – einig: Der Nordwestkanal der Münchner Stadtentwässerung sei wegen seiner Aufstauwirkung der Grund für die überfluteten Keller gewesen, betonte Rolf Deska, einer der Vorkämpfer.

Die Allianz sieht das anders. Für sie fehlt ein »Kausalzusammenhang zwischen dem Kanalbauwerk und dem Schaden«. Die Versicherung begründete in ihren Schreiben an die Geschädigten in der Untermühle die Ablehnung der Haftungsansprüche vor allem so: »Die durch das Hochwasser 2010 an Ihrem Anwesen eingetretenen Schäden sind nicht auf einen unzulässig hohen Aufstau des Grundwassers durch das Kanalbauwerk zurückzuführen, sondern allein darauf, dass Sie beziehungsweise der Ersteigentümer Ihres Anwesens bei der Errichtung des Gebäudes ins Grundwasser gebaut haben.« Dies sei unter Missachtung der Höchstgrundwasserwerte von 1940 geschehen.

Weil beim Bau der Häuser der gebotene Abstand zum Grundwasser nicht eingehalten beziehungsweise keine ausreichenden Maßnahmen gegen das drückende Grundwasser getroffen worden seien, lege dies die Annahme eines Mitverschuldens der Hausbesitzer nahe, was eine Haftung durch die Versicherung ausschließe, teilte die Allianz weiter mit. Die Betroffenen reagierten voller Empörung, einer nannte das Schreiben der Allianz gar eine »Sauerei«. Schließlich hätten sie eine Baugenehmigung von der Stadt gehabt. Doch Rudolf Fuchs vom städtischen Referat für Gesundheit und Umwelt betonte, dass selbst eine Baugenehmigung nicht die Verantwortung eines Bauherrn ersetze, die individuelle Beschaffenheit seines Grundstücks zu prüfen und in die Planungen einzubeziehen. Die juristische Betrachtungsweise der Hochwasser-Fälle in der Untermühle sei also sehr kompliziert, betonte Fuchs.

Mehrere Feldmochinger Bürger bezweifelten außerdem, dass die von der Allianz genannten Zahlen zum Grundwasserstand in ihren Häusern richtig seien. Sie basieren auf ein Gutachten der Technischen Universität München, das die Stadt in Auftrag gegeben hatte. Diese Zahlen seien falsch, behaupteten die Bürger. Und weiter: »Die angegebenen Wasserhöhen muss jemand erklären, da stimmt etwas nicht, das ist der Casus Knaxus«, ärgerte sich ein Geschädigter. In den Schreiben der Allianz gebe es von Anwesen zu Anwesen Differenzen bei der Höhe des Grundwasserstandes. Der Bürger kam zu dem Schluss, dass »das ganze Gutachten nicht stimmt«. Ein anderer Hausbesitzer nannte es ein »Partei-Gutachten«. Die Geschädigten forderten, dass alles noch einmal geprüft werden müsse. Fuchs entgegnete, dass die Zahlen aus dem Gutachten der TU München stammten und auf Messwerte an den Grundwasser-Pegelständen entlang des Kanals beruhten. »Wenn die Zahlen tatsächlich nicht richtig wären, wäre das ein Grund nachzuliefern«, so Fuchs. Darüber will man beim nächsten Runden Tisch ausführlich diskutieren. Die Allianz versprach den Geschädigten am Ende ihres Schreibens, die Ablehnung der Ansprüche zu überdenken, falls »sich neue rechtliche oder tatsächliche Erkenntnisse ergeben«.

Unterstützung bekommen die Bürger vom Bezirksausschuss Feldmoching-Hasenbergl. Auf Initiative der SPD forderte das Gremium nun die Stadt auf, einen umfangreichen Fragenkatalog zu beantworten. Die Verwaltung solle darlegen, ob, wann, aus welchem Anlass und auf wessen Veranlassung die Karten über die Grundwasserhöchststände in Feldmoching verändert wurden, verlangte der Bezirksausschussvorsitzende Markus Auerbach (SPD). Diese Karten seien Grundlage zum Bau der Häuser in der Untermühle gewesen. Die Vertreter der Stadt räumten erneut ein, dass der Kanal eine »gewisse Sperrwirkung« habe und dass es beim Bau und bei der Bauüberwachung des Nordwestsammlers Versäumnisse gegeben habe.

Die Münchner Stadtent­wässerung plant deshalb ­eine Sanierung der Düker, mit deren Hilfe das Grundwasser den Abwasserkanal besser umströmen kann. »Wenigstens haben wir erreicht, dass die Stadt überhaupt etwas macht«, resümierte eine Anliegerin voller Bitterkeit. Denn die Haus­eigentümer bleiben nun auf den Kosten für die Schäden in ihren Kellern sitzen, es geht den Bürgern zufolge um Summen zwischen 5000 und mehr als 20.000 Euro. Wally Schmidt

Artikel vom 26.12.2012
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