Angst vor Verkehrszunahme ruft die Anwohner des Fasanenparks auf den Plan

Giesing · Anwohner protestieren massiv gegen Europaschulbau

Ein umstrittenes Modell und viele kritische Bürger: die Erörterungsveranstaltung zur geplanten Europäischen Schule am Perlacher Forst wurde eher zum Manifest geballter Bürgersorgen.	Foto: Hettich

Ein umstrittenes Modell und viele kritische Bürger: die Erörterungsveranstaltung zur geplanten Europäischen Schule am Perlacher Forst wurde eher zum Manifest geballter Bürgersorgen. Foto: Hettich

Giesing · Am Fasangarten rumort es: in der ehemaligen US-Siedlung soll in den kommenden Jahren eine Dependance der Europäischen Schule entstehen.

Europäischen Schule

Die Siedlungsstruktur dürfte sich im Zuge dessen vor allem durch erhebliche Bauumfänge und Verkehrszuwächse deutlich verändern – wie konkret die Sorgen der Bürger vor Ort sind, zeigte eine Erörterungsveranstaltung zum Thema in der vergangenen Woche, zu der über 200 Anwohner aus der Siedlung in die Mehrzweckhalle des örtlichen Schulzentrums gekommen waren. Doch die Fakten stehen klar im Raum: nach dem heuer abgeschlossenen städtebaulichen und landschaftsplanerischen Wettbewerb mit eindeutigem Sieger steht das kommende Jahr im Zeichen der weiteren Bebauungsplanung. 2014 soll dann der im Zuge des Schulbaus geplante Nahversorger im Süden des Planungsgebietes errichtet werden. 2015 wollen die Akteure mit dem Schulbau beginnen. Die Europäische Schule am Perlacher Forst soll schließlich pünktlich zum Schuljahr 2017 / 2018 eröffnet werden.

Massive Ängste der Anwohner

Doch weniger der Ensembleneubau, der auf interessanten Entwürfen der Wettbewerbssieger, der Architekten »Leon Wohlhage Wernik« zusammen mit dem Landschaftsatelier Loidl basiert, sondern vielmehr die vonseiten der Anwohner erwarteten Probleme für das Quartier standen im Mittelpunkt der Erörterungen. »Wir empfinden die Maßnahme als Krieg gegen die Anwohner, wir werden hier vergewaltigt und der Verkehr zerhackt unsere Lebenswelt am Perlacher Forst!« O-Töne der Bürger gaben die Stimmungswoge wieder, die den Planern des Erweiterungsbaus der Europäischen Schule am Forstsaum entgegenschwappt. Diese Stimmungslage steht auch im offenkundigen Widerspruch zur Einschätzung von Rudolph J. Ensing – dem niederländischen Direktor der Schule in Neuperlach. »Wir brauchen diese Erweiterung, aufgrund der Nachfrage platzt die Schule in Neuperlach aus allen Nähten. Aber wir fühlen uns ohnehin in München gut aufgehoben«, betonte er. Ein »Fremdkörper« sei eine Schule im Grüngürtel zwischen der Lincolnstraße im Norden, der S-Bahnlinie im Osten, dem General-Kalb-Weg westlich und der Cincinnatistraße im Süden.

Rund 1.800 Schüler soll die Bildungseinrichtung im Endausbau beheimaten. Doch das ist längst nicht alles, wie Susanne Bäumler als Projektverantwortliche des Münchner Planungsreferates in ihrer Einleitung ausführte. Bereits im Herbst vor drei Jahren hatte der Stadtrat mit seinem Grundsatzbeschluss das umstrittene Projekt auf den Weg gebracht. Die Schule in Neuperlach biete keinen Raum mehr für Erweiterungen, der Neubau sollte nicht mehr als drei bis vier Kilometer entfernt liegen, schilderte Bäumler Grundsätzliches. Die Wahl sei auf das Terrain am Fasangarten gefallen – »zu schnell und ohne ausreichende Prüfung anderer Alternativen«, schallte es Bäumler vonseiten eines Bürgers prompt entgegen. Doch für die Stadt überwogen wohl die Infrastrukturvorteile: Bauherr für das Ensemble wird die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) sein, der im Rahmen eines EU-weiten Abkommens die Aufgabe des Bundes zufällt, Infrastruktur und Voraussetzungen für den Neubau einer Europäischen Schule zur Verfügung zu stellen.

Pläne und weitere Planungen

200 Meter erstreckt sich der »Annex«, wie die Dependance der Europäischen Schule im Verwaltungsdeutsch bezeichnet wird, als bis zu viergeschoßiger, polygonal strukturierter Schulbau von Nord nach Süd. Westlich und südwestlich der neuen Schule sollen ein Sportzentrum und ein viergruppiger Kindergarten entstehen. Nördlich der Schule sollen die Baumkolonien bis zur Lincolnstraße ebenso wie der Grünzug westlich entlang der Bahntrasse erhalten bleiben, der Nahversorger im Norden soll weichen. Dafür ist geplant, am Südende des Planungsgebietes im Übergangsbereich zur örtlichen S-Bahnstation einen eigenen, trapezartigen »Quartiersplatz« in das Realisierungsvolumen mit einzubeziehen. Ein großer Nahversorger soll alte und neue Anwohner versorgen – denn neben Büros und Dienstleistern sind auch Wohnungsbauten rund um den Quartiersplatz vorgesehen – der mit Gastronomie und Spielflächen laut Bäumler »viel Aufenthaltsqualität erhalten soll«. Auch das sahen viele Bürger anders: »überdimensioniert« komme die Planung auch hier daher – es entstehe kein Quartiers-, sondern ein Stadtzentrum mit »irrem Verkehrszufluss«, vermuteten einige Anwesende.

Verkehr wird sich verdoppeln

Das Hauptaufreger-Thema des Abends freilich war die Verkehrsentwicklung im Rahmen der Neubaumaßnahmen. Wie Harald Schnell als Verkehrsfachmann des städtischen Planungsreferates ausführte, soll die Hauptlast des Zubringer- und Abholbetriebs durch Busse über eine Nordschleife entlang der Lincolnstraße abgewickelt werden. Im Ostteil der Lincolnstraße rechnen Schnell und seine Planer mit einer Verdoppelung der heutigen Verkehrszahlen. »Der Verkehr wird anwachsen, das lässt sich nicht abstreiten«, räumte Schnell ein. »Wie soll das gehen?«, wollte ein Bürger wissen. Bereits heute sei die Lincolnstraße besonders zu den Stoßzeiten überlastet und überparkt – so dass zeitweise im Begegnungsverkehr nicht einmal zwei PkW aneinander vorbei kämen. Auch bei Anwohnern der Markland- oder der Cincinnatistraße regte sich Widerstand. Besonders Anwohner der Marklandstraße, einst Ruhezone am östlichen Siedlungsrand, seit der Öffnung der Sperre aber laut Anwohnern zur vielbefahrenen »Rennstrecke« mutiert, fürchtet man gänzlich um den eigenen Wohnwert. Den von der Stadt avisierten Verkehrszuwachs von rund 15 bis 20 Prozent entlang der beiden Trassen zweifelten Bürger wiederholt an. »Das ist doch Augenwischerei«, meinte einer der Anwohner.

Die Marklandstraße werde vielmehr wohl zur zentralen Zu- und Abfluss-Trasse für den Schulwegsverkehr und jene Ströme rund um das Quartierszentrum. Gerade der neue Nahversorger mit einer geplanten Handelsfläche von rund 4.700 Quadratmetern sei überdimensioniert geplant, schon der alte Markt im Norden zu groß – Zulieferverkehr, überörtliche Kundschaft und die eigens geplante Tiefgarage würden weitere Probleme bringen. Vor allem Eltern regten an, in der immer stärker verkehrsbelasteten Siedlung zum besseren Schutz von Schulkindern Zebrastreifen und Ampelanlagen nachzurüsten. Immerhin: die Planungsverantwortlichen versprachen, alle Kritikpunkte und Vorschläge zu prüfen und gegebenenfalls in die Planungen mit einzuarbeiten. Die aktuellen Planungsunterlagen sind derzeit im Erdgeschoss des Planungsreferates im Hochhaus an der Blumenstraße 28 b ebenso zu sehen wie bei der Bezirksinspektion Süd an der Implerstraße 9 oder im Stadtteil selbst in den Räumen der Stadtbibliothek im Anton-Fingerle-Zentrum an der Schlierseestraße 47. Bäumler hatte betont, man befinde sich noch in früher Phase. Harald Hettich

Artikel vom 05.11.2012
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