Schwabinger CED wird 20 – Initiatorin hilft Armen seit 30 Jahren

Schwabing · Ein Lächeln als Dank

Mit 16 hat Susanne Pechel (2. v. l.) angefangen, Spenden für Arme zu sammeln. Heuer wird der von ihr geleitete CED 20 Jahre alt.	Foto: CED

Mit 16 hat Susanne Pechel (2. v. l.) angefangen, Spenden für Arme zu sammeln. Heuer wird der von ihr geleitete CED 20 Jahre alt. Foto: CED

Schwabing · Sie hat die Spendendosen einfach selbst gebastelt, Schlitze in Kartons, und dann zog sie los, mitten in Schwabing, von Haustür zu Haustür, um für die Ärmsten der Armen zu sammeln.

Da war Susanne Pechel noch Teenager, inzwischen leitet die 46-Jährige ehrenamtlich ihre eigene Hilfsorganisation, den überkonfessionellen »Christlichen Entwicklungsdienst« (CED), mit Sitz in Schwabing. Gegründet wurde er bereits vor ziemlich genau 20 Jahren, nämlich am 13. September 1992. Heute ist er ausgebaut zu einem Netzwerk aus 2000 Helfern, Spendern und Förderern. Bisher konnten über 20 Hilfsprojekte in Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa realisiert werden, unter anderem der Bau von Schulen und Krankenhäusern, von Obdachlosenunterkünften und Waisenhäusern für Kinder, deren Eltern an AIDS gestorben sind. Aktuell wird beispielsweise in Tansania eine medizinische Versorgung für 450.000 Menschen aufgebaut. Ihr Engagement findet Tropenärztin Susanne Pechel, die bei einem medizinischen Reisemagazin arbeitet, nicht außergewöhnlich. »Jeder kann das tun, was ich tue. Man muss einfach nur anfangen, man muss handeln, nicht nur darüber nachdenken«, sagt sie.

So ähnlich hörte sich auch der Satz an, den die Mutter ihr früher einmal sagte. Das war in der Phase als Susanne Pechel zig Warum-Fragen stellte: Warum müssen Menschen hungern? Warum müssen so viele an Armut sterben? Sie hat viele Antworten bekommen. »Doch keine hat mich wirklich weitergebracht«, erzählt Pechel. Sie wollte sich mit dieser Not einfach nicht abfinden. Da habe ihre Mutter gemeint: »Wenn es dir nicht passt, dann musst du es ändern.« Stimmt, dachte Pechel. Und dann kam die Idee mit den selbst gebastelten Spendendosen. Bald schon war sie bei Mission München aktiv und mit 16 Jahren stellte sie ihr erstes Benefizkonzert auf die Beine, dem noch viele folgen sollten. Ursprünglich wollte sie es in der Turnhalle ihrer Schule ausrichten, doch dort bekam sie nur ein entschlossenes »Nein« zu hören. »Viele haben mich damals nicht so richtig ernst genommen«, erinnert sie sich. Der damalige Intendant des »Theaters der Jugend« hingegen war begeistert und somit hatte Pechel ihren Aufführungsort.

Unter ihrer musikalischen Leitung sangen und spielten der Bach-Chor und ein ehrenamtliches Orchester mit Musikern des Bayerischen Staatsorchesters, der Münchner Philharmoniker sowie des Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Der Erlös kam der Schulausbildung von Kindern in den Slums von Kalkutta zugute. »Und weil man nicht aufhören kann zu helfen, wenn man damit angefangen hat«, wie sie sagt, fuhr sie bald auch zu Mutter Teresa und half vor Ort mit. Wegen ihres ehrenamtlichen Engagements in den vergangenen 30 Jahren ist Pechel nun für den Deutschen Engagementpreis 2012 nominiert worden. Das freut die Medizinerin vor allem deshalb, weil sie überzeugt ist, dass solche Auszeichnungen auch andere motivieren würden, sich für Menschen einzusetzen, die Hilfe brauchen. Jede Unterstützung, und sei sie noch so klein, sei sinnvoll.

Armut und Not können gelindert werden

»Armut und Not sind dynamische Prozesse und können daher geändert werden.« Zudem sei Armut auch ein globales Thema: »Je mehr Armut es gibt, desto mehr Rückkopplungen hat das auch auf uns. Das Thema geht uns also alle an.« Ausreden wie »es bringt ja doch nichts« lässt sie nicht gelten. Jeder könne seine Fähigkeiten einbringen, es gebe viele Arten des Helfens – sich vor Ort engagieren, Informationen verteilen, spenden und wenn einer »nur« bete, auch das sei ein wichtiger Beitrag. Wer misstrauisch ist, ob sein Geld überhaupt ankommt, denn die Berichte über Spendenmissbrauch in einigen Organisationen häufen sich, dem rät sie, sich möglichst genau zu informieren und einen Überblick zu verschaffen: »Man kann nicht alle Hilfsorganisationen in einen Topf werfen.« Beim CED, so garantiert Pechel, überbringen die Mitarbeiter die Spenden persönlich und achten darauf, dass sie in die richtigen Hände kommen. »Wir wollen ja auch den persönlichen Kontakt mit den Menschen vor Ort.«

Man kann nur ahnen, was Pechel in all den Jahren gesehen und erlebt hat und man ahnt auch, dass man viel Kraft braucht, um damit fertig zu werden. Diese Kraft schöpft sie aus ihrem Glauben. »Ohne ihn hätte ich wohl hunderttausendmal schon das Handtuch geworfen.« Gerne zieht sie sich in die Stille zurück, macht Spaziergänge in der Natur, meist ist Hündin Anisa dabei. Oder sie setzt sich ans Klavier oder greift nach ihrer Gitarre und komponiert einen Song. Immer schon musste sie das, was sie innerlich beschäftigte, musikalisch verarbeiten. Herausgekommen sind dabei inzwischen zwei Musik­alben – der Erlös aus Konzerten und dem Verkauf der CDs fließt auch in ihre Stiftung. Wenn sie in ihren Erinnerungen kramt, dann sieht Pechel aber auch, und das ist die andere Seite ihres Engagements, viele strahlende Augenpaare vor sich. Sie denkt beispielsweise sehr gerne zurück an eine alte Frau, die sie in einem Obdachlosenheim in Kalkutta notmedizinisch versorgte. Es stand sehr schlecht um sie, Organräuber hatten ihr eine Niere entnommen und sie dann auf der Straße zurückgelassen. Pechel reinigte ihre sehr eitrige und deshalb stark riechende Wunde, Tag für Tag, Woche für Woche.

Vor der Tür steht: ein Freund

Das Fieber der Frau ging langsam zurück und eines Tages rannten die Krankenschwestern Pechel ganz aufgeregt entgegen und riefen: »Schnell, du musst sie sehen!« Pechel trat ins Zimmer, und da lag die Frau – und sie lächelte. »Dieses Lächeln werde ich nie vergessen«, sagt sie. Die Frau lebte noch gut vier Jahre und immer, wenn Pechel in Kalkutta ankam, klopfte sie ganz zart an ihrer Tür. »Und wenn ich fragte, wer ist da, antwortete sie ›A friend‹ – ein Freund.«

Weitere Informationen zum CED gibt es im Internet unter www.ced-stiftung.de und unter der Telefonnummer 2 72 02 29, Bürozeiten Montag bis Freitag von 10 bis 12 Uhr. Spendenkonto: Stadtsparkasse München, BLZ 70 15 00 00, Kontonummer 14 14 12 12, Kennwort CED-Spende. Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 04.09.2012
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