Ampel-Experiment am Isarring: Bilanz zur Halbzeit

München · Es fließt, wenn auch stockend

Werner Bosch, der die Idee zur  „halben“ Ampel hatte, hat nachgezählt und zieht eine positive Bilanz: Mehr Autos kommen durch. Foto: ikb

Werner Bosch, der die Idee zur „halben“ Ampel hatte, hat nachgezählt und zieht eine positive Bilanz: Mehr Autos kommen durch. Foto: ikb

München · Hier stand jeder schonmal, manche mehrmals am Tag, ob im Auto oder Bus, ob auf dem Weg von Norden ins Büro, von Westen gen Norden unterwegs oder zurück vom Wandern und Urlaub aus dem Süden kommend.

Isarring in München-Ost

Jahrelang stockte es zwischen Richard-Strauss-Tunnel und der Einmündung der Ifflandstraße in den Isarring. Am Morgen des 8. August, einem Montag, trauten viele Autofahrer ihren Augen nicht, gar mancher vermisste wohl die alltäglichen Staumeldungen im Radio: Der Verkehr lief nahezu reibungslos, der Brennpunkt schien entschärft. Doch jetzt, drei Monate später, herrscht wieder öfter „Stop and Go“ – vor allem abends. Dabei sollte die in den Sommerferien eingeführte „halbe“ Ampel auf dem Ring die Blechlawine reduzieren: Die linke Spur Richtung Schwabing hat Dauergrün, die Autos auf der rechten Seite haben abwechselnd mit dem aus der Ifflandstraße kommenden Verkehr freie Fahrt. Das Experiment ist auf sechs Monate angesetzt, ehe der Stadtrat entscheidet, wie künftig verfahren wird: Weiter so oder Bau einer zusätzlichen Einfädelspur? Oder ist die Lösung des Verkehrsproblems am Mittleren Ring das Tunnelprojekt „Ein-Englischer-Garten“, das die Initiatoren, das Architektenpaar Grub am 18. November Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer vorstellen werden. Wie schneidet die „halbe“ Ampel zur Halbzeit ab?

Weitere Artikel zum Thema

Der „Faktor Mensch“ ist eindeutig der Schwachpunkt des „teilsignalisierten Verkehrsknotens“. Im Durchschnitt bei jeder zweiten Ampelfrequenz missachtet ein Autofahrer das Rotlicht. Vor allem aus der Ifflandstraße kommend – pro Grünphase passieren 15 bis maximal 25 Autos – drücken viele Lenker, offensichtlich genervt vom Stop-and-Go im auf eine Fahrbahn verengten Einmündungsbereich, im allerletzten Moment das Gaspedal durch. Mehrfach gab’s Blechkontakte. Oft kommt es zu brenzligen, ja haarsträubend gefährlichen Situationen durch Fahrbahnwechsel. In Folge von zwei schweren Unfällen am 14. August wurde das zulässige Tempo von 50 auf 30 reduziert, beidseitig sowie am Fahrbahnteiler Warnleuchten sowie Verbotsschilder für Lastwagen auf der Schnellspur angebracht. Vor der Fahrbahntrennung wurden fünf weiße, orange umrandete Warnbalken verankert. Inzwischen gilt auf dem Abschnitt Tempo 40. Insgesamt gibt es aber „keine Erhöhung der Unfallzahlen“, sagt Andrea Ortmayr, Leiterin der Polizeiinspektion 22 Bogenhausen.

Mit Öffnung des Richard-Strauss-Tunnels hatten die städtischen Verkehrsfachleute mit einer Zunahme der Automassen auf dem Ringabschnitt um etwa 20 Prozent gerechnet. Dieser Zahl misstraut aus heutiger Sicht ein Kommunalpolitiker: „Mein Name tut nichts zur Sache. Die Unterführung zieht den Verkehr wie ein Magnet an. Mindestens ein Drittel mehr Fahrzeuge, eher wohl um die 40 Prozent, fahren jetzt quer durch Bogenhausen. Viele kommen zusätzlich auch aus unserem Stadtteil über die Rampe an der Effnerstraße, nach dem die Baumaßnahmen rund um die Mae West fertig sind“. Dies, die Urlaubsrückkehrer und jene Autofahrer, die bei Staumeldungen die Strecke gemieden haben, könnten die Erklärung für die neuerlichen Stockungen sein.

Eine positive Bilanz zieht das Kreisverwaltungsreferat (KVR): „Die meisten Autofahrer kennen inzwischen die Regelung, reihen sich frühzeitig auf die linke Spur ein, rechts sind dann mehr Kapazitäten frei mit dem Effekt, dass der Verkehr von der Effnerstraße-Rampe viel besser läuft“, konstatiert Daniela Schlegel, Pressesprecherin im KVR. Und: „Abhängig von Tageszeit und Wochentag registrieren wir zu den Spitzenstunden insgesamt mehr Autos. Entsprechend werden die Ampelschaltungen laufend angepasst, um den Verkehrsfluss zu optimieren. Wir werden den Winter über alles weiter beobachten, ehe dann im Februar die Maßnahme beurteilt wird.“

Die „Tatsache, dass es läuft“, belegt Werner Bosch, ein Physiker im Ruhestand, der die Idee zur „halben“ Ampel hatte, mit Zahlen: „Ich habe vier Mal in den vergangenen Wochen morgens zwischen 8.15 und 9.30 Uhr gezählt. Innerhalb einer Stunde sind – als Mittelwert – auf der linken Spur 2.230, auf der rechten 830 Autos durchgefahren. Das sind also rund 1.400 mehr als vor meinem Vorschlag – pro Stunde wohlgemerkt. Für mich ist das ein durchschlagender Erfolg. Stellen Sie sich einmal vor, es gäbe die alte Ampeleinrichtung noch, was sich da für Rückstaus bilden würden. Und jetzt bleibt die meiste Zeit kein Wagen stehen.“ Der gewünschte Effekt, mehr Verkehr durch zu schleusen, sei umgesetzt. Das bestätigt auch Andrea Ortmayr von der Polizei. „Der Verkehr fließt schneller ab als früher, aber es gibt öfters Staus zu Spitzenzeiten bei der Ausfahrt Denninger Straße im Tunnel.“ Neue Ideen sind also gefragt. von I. Köhler-Blessing

Artikel vom 10.11.2011
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...