Startschuss für Bau einer psychiatrischen Klinik gefallen

Schwabing · Mittelpunkt Mensch

Elizabeth Harrison, Jörg Hemmersbach und Eva Greiner-Marko (v.l.) freuen sich über die Erweiterung des Schwabinger Krankenhauses.	Foto: scy

Elizabeth Harrison, Jörg Hemmersbach und Eva Greiner-Marko (v.l.) freuen sich über die Erweiterung des Schwabinger Krankenhauses. Foto: scy

Schwabing · Es gibt Phasen im Leben, da schlägt die Psyche Alarm. Immer mehr Menschen klagen über Burn-Out, auch Depression ist längst kein randseitiges Phänomen mehr: Rund vier Millionen Betroffene gibt es allein in Deutschland. Viele schaffen es nicht ohne medizinische Hilfe raus aus ihrer Not.

Die Nachfrage nach Therapie- und Klinikplätzen steigt rasant. Um dieser Entwicklung beizukommen, unternimmt man auch in Schwabing die nötigen Schritte: Der erste Bauabschnitt für eine psychiatrische Klinik auf dem Gelände des Schwabinger Krankenhauses hat begonnen. Haus 7, in dem ehemals eine Frauen- und Geburtsklinik untergebracht war, steht nun leer und wurde am vergangenen Dienstag an den Bezirk Oberbayern übergeben.

In den kommenden Monaten nun soll es zu einer psychiatrischen Klinik mit sechs Stationen und 120 Betten umgebaut werden, die Eröffnung ist spätestens für Herbst 2013 geplant. Das Leistungsspektrum soll alle psychiatrischen Erkrankungen abdecken. »Psychiatrische Patienten können dann wohnortnah behandelt und betreut werden«, sagte Eva-Greiner-Marko, Leiterin des Klinikums Schwabing. Die wohnortnahe Versorgung werde unter anderem zur »Entstigmatisierung und Enttabuisierung« psychiatrischer Erkrankungen beitragen.

Noch vor 100 Jahren setzte man alles dran, psychisch Erkrankte in Sanatorien fernab des Stadtkerns unterzubringen. Möglichst weit draußen. Möglichst weit entfernt. Von der Gesellschaft isoliert und ausgegrenzt. »Wir wollen keine Abschottung psychisch Kranker. Wir bringen sozusagen die Betten wieder zu den Menschen«, so Hep Monatzeder, Dritter Bürgermeister der Landeshauptstadt München. »Es ist ein wichtiges Zeichen, dass wir in das Herz Münchens gehen und dort Fuß fassen«, bekräftigte Jörg Hemmersbach, Geschäftsführer des kbo-Isar-Amper-Klinikums. Die wohnortnahe und regionale Umsetzung ist Aufgabe der kbo-Isar-Amper-Klinik, eines der größten Fachkrankenhäuser für Psychiatrie. Psychotherapie, Psychosomatik und Neurologie. Sie hat diese Aufgabe vom Bezirk Oberbayern übertragen bekommen.

Der Freistaat Bayern fördert den Bau weitestgehend mit 11,3 Millionen Euro, daneben sind gut zwei Millionen Eigenmittel erforderlich. »Seit längerer Zeit ist die Regionalisierung der psychiatrischen Vollversorgung in der Landeshauptstadt ein Thema«, so Hemmersbach. »Nun können wir eine Versorgungslücke schließen.« Ende vergangenen Jahres habe man sich schließlich über die Überlassung des Hauses 7 verständigt. Daneben, in Haus 77, befindet sich bereits das Zentrum für Abhängigkeitserkrankungen (ZAK). »Das ZAK war die erste Außenstelle des kbo-Isar-Amper-Klinikums in Schwabing, und es hat sich schnellstens integriert«, so Bezirkstagspräsident Josef Mederer. »Das ist so gut gelungen, weil das Klinikum Schwabing die neuen Kollegen mit offenen Armen empfangen hat. Und ich bin mir sicher, dass die Zusammenarbeit auch in den nächsten Jahren so weitergeführt wird.« Klinikchefin Greiner-Markos ließ daran keinen Zweifel: »Wir hoffen auf weiterhin sehr gute Nachbarschaft auf unserem Gelände.«

Und es tut sich noch mehr im Norden Münchens: Nur wenige Meter entfernt wird, und das bereits im Januar 2012, an der Leopoldstraße eine psychiatrische Tagesklinik mit 30 Plätzen eröffnet. Und in einem zweiten Bauabschnitt in Haus 7, der ab dem Jahr 2017 vorgesehen ist, soll die Anzahl der Betten auf insgesamt 200 aufgestockt werden. Dabei werden das ZAK und die Tagesklinik in Haus 7 integriert. »In dieser Erweiterung der psychiatrischen Versorgungslandschaft sehen wir eine Verpflichtung«, sagt Elizabeth Harrison, vorsitzende Geschäftsführerin des Städtischen Klinikums München. »Wichtig ist dabei stets: der Mensch steht im Mittelpunkt.« Übrigens: Blickt man in die 102-jährige Geschichte des Schwabinger Krankenhauses zurück, so zeigt sich, dass es dort bereits früher eine Psychiatrie gab. Chefärzte waren damals Johannes Lange, und zwar von 1922 bis 1930, und Kurt Schneider von 1930 bis 1946. Letzterer versteckte eine ärztliche Kollegin in der geschlossenen Abteilung und konnte sie somit vor der drohenden Deportation bewahren. Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 04.10.2011
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...