Wie die neue Münchner Stelle für Mediation hilft

München · Schlichten statt streiten

Mithilfe von SteG sollen die Konflikte rund um die Jugendstilvilla der Corps Bavaria in Bogenhausen gelöst werden. Foto: ikb

Mithilfe von SteG sollen die Konflikte rund um die Jugendstilvilla der Corps Bavaria in Bogenhausen gelöst werden. Foto: ikb

München · Laute Musik, nächtlicher Lärm bei Festen bis in die Morgenstunden, zertrümmerte Flaschen, übelriechende Hinterlassenschaften und persönliche Belästigungen. Seit Jahren schwelt in Alt-Bogenhausen ein Konflikt zwischen Anwohnern der Rauchstraße und aus ihrer Sicht allzu feierlaunigen Mitgliedern des Corps Bavaria, einer schlagenden Studentenverbindung.

Schlagend sind die Herren auch in anderer Hinsicht: Diverse Faustkämpfe von Betrunkenen vor der Jugendstilvilla mit der Nummer 17 wurden registriert, die Polizei musste schon mehrfach in einer einzelnen Nacht ausrücken. Zwei „Runde Tische“ in den vergangenen zwei Jahren brachten keine Lösung.

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Wegen der nicht abreißenden Beschwerden fühlen sich die Mitglieder des Bezirksausschusses Bogenhausen (BA 13) „in der Verantwortung“ und setzen nunmehr auf Initiative von BA-Chefin Angelika Pilz-Strasser auf Mediation. Dabei nutzt der BA, der die Kosten dafür von 400 bis 500 Euro aus seinem Budget bezahlt, ein neues Angebot der Stadt. „Mit manchem Anliegen sind wir in ein paar Wochen nach zwei Sitzungen durch, andere ziehen sich über Jahre hin“, erklärt Eva Jüsten, die Leiterin von SteG, der Stelle für Gemeinwesenmediation im Sozialreferat der Landeshauptstadt.

Seit September 2010 ist die Juristin zusammen dort mit 20 ehrenamtlichen, geschulten Personen tätig. Mit hoher Erfolgsquote, wie Jüsten berichtet. Allein das SteG-Logo, ein Steg, eine schmale geschwungene Brücke, macht jedem klar, was bewirkt werden soll. Aber warum ist eine derartige Einrichtung notwendig? Überwiegend verschiedene Lebensformen oder unterschiedliche Kulturen seien Anlass für vielfältige Auseinandersetzungen, erklärt Jüsten.

Daher bietet die Landeshauptstadt allen Bürgern „unbürokratisch eine Vermittlung“ an. Die Konfliktfelder umfassen Nachbarschaft, Wohnumfeld, Stadtteil, Kindertageseinrichtungen, Frieden schließen statt siegen: Angesichts von jährlich etwa 2,5 Millionen Klagen vor bundesdeutschen Zivilgerichten gilt dieses Prinzip beim Kampf ums Recht heute mehr denn je.

Außergerichtliche Einigungen wurden Mitte Januar von der Bundesregierung festgeschrieben im „Gesetz zur Förderung der Mediation“. Rechtsxperten werten dies als eine Revolution. Künftig muss jeder Klagende in der Klageschrift vermerken, ob zuvor eine Mediation stattgefunden hat. Kurzum: Streithähne sollen befriedet, Richter entlastet werden.

An der Sprache jedenfalls dürfte eine SteG-Vermittlung nicht scheitern: Die verschiedenen Mediatoren beherrschen „viele Fremdsprachen, Englisch und Französisch sind quasi Voraussetzung, einige können Türkisch, und wenn nötig greifen wir auf die Dolmetscher im Sozialreferat zurück“, erzählt Jüsten. Grundsätzlich erfolgt die Vermittlung „vertraulich, unabhängig, persönlich, außergerichtlich und zeitnah. Werden wir um Hilfe gebeten, werden Mediatoren – stets ein Tandem – eingeschaltet, kommt’s zur Vermittlung, die dann in mehreren Phasen abläuft“.

Bei allen Phasen heißt es zuhören, zuhören und nochmals zuhören – „und zwar beiden Seiten, wobei alles absolut vertraulich bleibt“. Besteht sodann unter den Parteien Gesprächsbereitschaft, sind die Teilnehmer geklärt, startet die „Steuerung“ der Beteiligten, ein erstes gemeinsames Treffen mit den Mediatoren steht an. „Das alles ist natürlich freiwillig, jeder Beteiligte, jede Seite kann jederzeit aussteigen oder abbrechen“, betont die 44-Jährige.

In Bogenhausen ist man dank SteG jedenfalls auf einem guten Weg, und zwar auf dem der Annäherung: Die beiden Mediatoren Juliana Helmstreit und Markus Weinkopf berichten von mittlerweile zwei vorbereitenden Gesprächen zwischen einigen Anwohnern und Corps-Mitgliedern. Alle seien sich einig, zusätzlich einen Vertreter des BA und der Polizeiinspektion hinzuzubitten. Ein Anfang ist gemacht, auf dass endlich Ruhe im Stadtteil einkehre. Von I. Köhler-Blessing

Weitere Infos zu SteG unter Tel. 23 34 06 34, E-Mail eva.juesten@muenchen.de oder unter www.muenchen.de/steg.

Artikel vom 17.02.2011
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