Universitäten drohen wieder Kürzungen

München · Streik in Startlöchern

Genau ein Jahr ist es her, dass die Münchner Studenten für bessere Bildung kämpften: Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch gab damals positive Signale. Foto: Archiv

Genau ein Jahr ist es her, dass die Münchner Studenten für bessere Bildung kämpften: Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch gab damals positive Signale. Foto: Archiv

München · Die Studierendenvertretung der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) bereitet sich auf neue Proteste vor. Mit den Studiengebühren würden Haushaltslöcher gestopft, rügen die Studenten. Zudem rechnen sie mit weitreichenden Sparmaßnahmen zulasten der Hochschulen.

Studiengebühren in Bayern

Auch der Allgemeine Studentische Ausschuss (AStA) der Technischen Universität (TU) sieht das Sparpaket der Landesregierung kritisch. Das Staatsministerium für Wissenschaft und Forschung indes verspricht, die Hochschulen trotz Kürzungen auszubauen.

Knapp ein Jahr nach der Besetzung der LMU rüsten sich die Studenten erneut zum Kampf. Der Grund: Zugunsten eines ausgeglichenen Staatshaushalts sollen auch die Hochschulen den Gürtel enger schnallen. Die Sparmaßnahmen der Landesregierung entziehen der LMU noch in diesem Jahr zwei Millionen Euro. Allerdings wäre eine Aufstockung der Mittel dringend nötig, findet Tobias Dillschnitter, Geschäftsführer der Studierendenvertretung der LMU: „Die Hochschule ist für 25.000 Studenten ausgelegt, inzwischen liegt die Zahl aber bei mehr als 40.000.“ Zu erwarten sei, dass der Ansturm aufgrund des doppelten Abiturjahrgangs 2011 und dem Aussetzen der Wehrpflicht noch einmal erheblich zunehmen werde.

„Bei Fächern wie Betriebs- oder Volkswirtschaft findet man auch dann keinen Sitzplatz, wenn man eine halbe Stunde früher zur Vorlesung kommt“, klagt er. Die ohnehin schon problematische Raumsituation, insbesondere am Standort Garching, werde durch den doppelten Abiturjahrgang noch verschlimmert, fürchtet auch Sebastian Koch, Vorsitzender des Fachschaftenrates der studentischen Vertretung der TU. In der Lehre hätten die Einsparungen bereits jetzt zu Stellensperren geführt. Das ohnehin schon unbefriedigende Betreuungsverhältnis sei dadurch noch schlechter geworden. Eine Überbrückung dieser Stellensperren sei nur aus Studiengebühren möglich: „Der AStA der TU teilt jedoch die Ansicht der Studierendenvertretung der LMU, dass das Stopfen der Haushaltslöcher mit Studiengebühren nicht vertretbar ist.“

Dillschnitters Ansicht nach findet dies jedoch bereits statt. Die Baumaßnahmen am Professor-Huber-Platz seien zum Teil durch Studiengebühren finanziert worden. Auch für die Umstellung der Diplom- auf Bachelor- und Masterstudiengänge im Rahmen der Bologna-Reform müssten die Studenten selbst bezahlen: „Für die Koordinierung sind mit den Geldern neue Stellen geschaffen worden.“ Seiner Auffassung nach werden Studiengebühren häufig missbräuchlich verwendet. So sei an der Fakultät für Psychologie aus diesen Mitteln eine Teeküche für Dozenten eingerichtet worden. Laut Gesetz dürfen die Studiengebühren zwar nur zur Verbesserung der Lehrbedingungen verwendet werden: „Dieser Begriff wird in der Praxis aber sehr frei ausgelegt.“

Zudem berichtet Dillschnitter von Schätzungen, nach denen die LMU im kommenden Jahr aufgrund der Sparmaßnahmen rund 20 Millionen Euro weniger zur Verfügung haben wird. Das Staatsministerium für Wissenschaften und Forschung bestätigte dies jedoch nicht. „Erst nach der Steuerschätzung Ende Oktober wird beraten, wo gekürzt wird“, sagt Sprecherin Christa Malessa. Geplant sei zudem, trotz des Sparzwangs im kommenden Jahr 3,5 Millionen Euro in Baumaßnahmen an der LMU in der Ludwigstraße 28 zu investieren, am Geschwister-Scholl-Institut in der Oettingenstraße einen Anbau zu errichten und den Bereich Wirtschaftswissenschaften der TU für 28 Millionen auszubauen. „Das alles wird durch den Haushalt bezahlt und hat mit Studiengebühren nichts zu tun“, erklärt sie. Über deren Verwendung könnten die Studenten ohnehin selbst mitbestimmen: „In den Gremien sind sie zu 50 Prozent vertreten.“ Nur bei Streitfällen entscheide der jeweilige Präsident der Universität. Laut Dillschnitter sieht dies in der Praxis jedoch oft anders aus: „Die Beschlüsse des Gremiums werden vom Präsidenten immer wieder gekippt.“

Gemeinsam mit anderen bayerischen Universitäten werde die Studierendenvertretung nun eine Petition an den Landtag richten, um die Mittel für die Hochschulen auch künftig zu sichern. Für den 17. November ist außerdem in München eine Demonstration geplant. Eine erneute Besetzung der Hörsäle sei jedoch noch nicht im Gespräch. Von Julia Stark

Artikel vom 28.10.2010
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